Kriege verhindern – Aufrüstung stoppen!

Antrag an die 4. Tagung des 5. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt
am 23. April 2016 in Magdeburg

Antragsstellende: Michael Teske, Kreisverband Saalekreis, Kreisvorstand DIE LINKE. Saalekreis

Antragstext

Im Bewusstsein der aktuellen Gefahr der Entfachung, Intensivierung und territorialen Ausweitung von Kriegen, in Erwägung der historischen Erfahrungen mit imperialistischen Kriegen und im Ergebnis der Analyse der aktuellen sozialökonomischen Weltsituation wird DIE LINKE. Sachsen-Anhalt ihren Friedenskampf im Bündnis mit allen demokratischen Kräften fortsetzen und intensivieren. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt beschließt deshalb:

  1. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt lehnt alle Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird alle Maßnahmen unterstützen, um Trainingsmöglichkeiten für Auslandseinsätze der Bundeswehr weitestmöglich einzuschränken. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird im Fall einer Regierungsbeteiligung konsequent alle rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen, um gegen den Truppenübungsplatz Colbitz-Letzlinger Heide mit der unsäglichen Kriegsübungsstadt Schnöggersburg vorzugehen.

  2. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt lehnt jegliche Unterstützung der Produktion von Rüstungsgütern und der Rüstungsforschung ab. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird konsequent gegen jede Art der Wirtschafts- oder Ansiedlungsförderung für Produktionsstätten von Rüstungsgütern und von Einrichtungen der Rüstungsforschung kämpfen. Im Falle einer Regierungsbeteiligung wird DIE LINKE. Sachsen-Anhalt den Ausschluss der Förderung von derartigen Produktions- und Forschungsstätten in den Förderrichtlinien fest schreiben. Dazu gehört insbesondere der Ausschluss der Förderung von Rüstungsforschung an den öffentlichen Bildungseinrichtungen.

  3. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird als konsequent antimilitaristische Partei eine klare Friedenspropaganda betreiben. Sie wird ihre Mitglieder und Sympathisanten verstärkt zu Protesten gegen Kriege und gegen die Zirkel der Kriegstreiber wie die Münchener »Sicherheitskonferenz« mobilisieren. Sie wird aktiv an der Vorbereitung und Organisation solcher Proteste teilnehmen und ist bereit, dabei mit allen demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird die Beteiligung von Gruppierungen der sog. »neuen Rechten« an diesen Protesten und Aktionen weiterhin konsequent bekämpfen und jegliche Beteiligung an Aktionen dieser Gruppierungen ablehnen. 

  4. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird aktiv auf Regionalorganisationen antikapitalistischer und antimilitaristischer Parteien und Bewegungen mit ähnlicher Struktur in anderen Ländern zugehen. Sie wird Partnerschaften mit den Regionalorganisationen solcher Parteien und Bewegungen eingehen und einen aktiven Erfahrungsaustausch pflegen. Zur Vorbereitung und Organisation dieser Partnerschaften wird im Landesvorstand einE VerantwortlicheR für Internationale Beziehungen benannt. 

Begründung

Seit 2007 befindet sich die Welt in einem akuten Krisenzustand. Die damals offen ausgebrochene Finanzkrise, aus der später eine Staatsschuldenkrise erwuchs, ist in ihrem Kern eine permanente Überproduktionskrise der entwickelten kapitalistischen Staaten. Diese hat, aufgrund der Abhängigkeit der weniger entwickelten Staaten von den aus den »reichen« Ländern gespeisten Finanzströmen und aufgrund des sinkenden Importbedarfs dieser Länder, inzwischen die ganze Welt erfasst. 

Parallel dazu stieg die Anzahl und Intensität von Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen deutlich an, und zwar um ca. 60 Prozent seit 2007 (nach HIIK – Heidelberger Institut für internationale Konfliktforschung). Doch schon seit 1999, beginnend mit dem Krieg gegen Jugoslawien und fortgesetzt mit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak, wird Krieg unter dem Vorwand des »Kampfes gegen den Terror« oder gegen diktatorische Regimes wieder als »bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln« (Zitat Clausewitz) durch eine US-geführte »Allianz der Willigen« unter Aushebelung des Völkerrechts vom Zaun gebrochen. Die sozialökonomische Basis und Ursache dieser neuen Kriege ist das Expansionsstreben des Kapitals, mit dem durch Eroberung neuer Märkte und Rohstoffquellen sowie billiger Arbeitskräfte die Kapitalverwertung wieder gesichert werden soll. 

Gemäß dem von Lenin entdeckten »Gesetz der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder« musste diese militärische Expansion früher oder später auf den Widerstand ökonomischer Konkurrenten des »Westens« stoßen. Dies ist 2014 geschehen, als das kapitalistische Russland sich durch den Anschluss der Krim in der Situation des vom Westen initiierten Regimes Change in der Ukraine seinen militärischen Einfluss in der Schwarzmeerregion sicherte. Beginnend mit dieser Machtdemonstration, setzte Russland mit seiner Unterstützung der Rebellen in der Ostukraine und mit dem militärischen Eingreifen auf der Seite der Regierung in Syrien die Verteidigung seiner kapitalistischen Interessen gegen diejenigen der westlichen Allianz unter Führung der USA fort.

Die aktuelle Situation und die Zukunft sind gekennzeichnet durch die Intensivierung des kalten und heißen Krieges zwischen den verschiedenen kapitalistischen Machtblöcken, deren ökonomisches und damit auch militärisches Potenzial im Verhältnis zueinander in Veränderung begriffen ist. Auch neue Akteure wie China und der Iran werden in diese Auseinandersetzungen eingreifen. Der Ausgang der internationalen militärischen Auseinandersetzungen, von vielen auch schon als dritter Weltkrieg bezeichnet, ist ungewiss. Fakt ist aber, dass die Leidtragenden einmal mehr nicht die Kriegstreiber aus den militärisch-industriellen Komplexen aller beteiligten Länder sein werden, sondern die »kleinen Leute«, das »einfache Volk«, also die Arbeiterklasse und die kleinen »Selbstständigen«. Die ganz überwiegende Mehrheit der Menschen sowohl in den entwickelten und den aufstrebenden kapitalistischen Staaten als auch in den sogenannten»„Entwicklungsländern« erfährt in diesen Kriegen wieder unermessliches Leid. Daraus resultieren religiöser Fanatismus, Flucht und Vertreibung. Auch dies wird von den imperialistischen Mächten wieder missbraucht, um die angestammte Bevölkerung in ihren Staaten gegen die Flüchtenden aufzuhetzen und auf diese Weise von den wahren Urhebern von Armut und sozialer Spaltung auch in den »reichen« westlichen Ländern abzulenken.

Wie soll sich die Partei DIE LINKE, wie soll sich die linke Bewegung in diesem Konflikt positionieren?

Karl Liebknecht hat im Frühjahr 1915 die Klasseninteressen der überwiegenden Mehrheit des (in diesem Fall deutschen) Volkes eindeutig formuliert: »Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.« 

DIE LINKE muss ganz klar die Ursache der aktuellen Kriege und der Gefahr ihrer Ausweitung zu einem neuen Weltbrand benennen: das Expansionsstreben des Monopolkapitals, das sich nach wie vor der politischen und militärischen Unterstützung ihrer jeweiligen Nationalstaaten bedient. Das US-amerikanische, deutsche, britische, russische, chinesische … Großkapital unterscheiden sich nur im aktuellen Grad ihrer Konzentration und der sich daraus ergebenden Aggressivität voneinander. Es gibt aber kein »gutes« und kein »schlechtes« Kapital. Das deutsche Großkapital ist kein Deut besser als das US-amerikanische. Denn in seinem Interesse fordert die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen 130 Milliarden Euro innerhalb von 15 Jahren, also 8,7 Mrd. pro Jahr, für 2016 fast 3 Prozent des Bundeshaushalts zur »Modernisierung« der Bundeswehr. Das ist aktive Kriegsvorbereitung auf Kosten von Bildung, Gesundheit und Integration von Flüchtenden. Bauministerin Hendricks fordert 1,3 Mrd., also nur 15 Prozent dieser Summe, um genügend Sozialwohnungen, auch für anerkannte Flüchtende, bauen zu können. Auch diese Prioritätensetzung zeigt die nach wie vor uneingeschränkte Gültigkeit des Zitats des französischen sozialistischen Historikers Jean Jaurès (1859 – 1914): »Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen«.