Beschluss der 2. Tagung des 4. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt 
am 25. Oktober 2014



Ein Land zum Leben. Ein Land zum Bleiben. 


 

DIE LINKE will mehr für dieses Land. Sachsen-Anhalt ist Lebensmittelpunkt von zwei Millionen Menschen. Es geht um ihre Bedürfnisse, ihre Zukunft. Es geht um Gerechtigkeit, Sicherheit und Wohlstand – und zwar für alle. Für die Landesregierung ist statistisches Mittelmaß Ziel und Ergebnis politischen Handelns. Dreh- und Angelpunkt des Kabinetts sind vor allem anderen die Vorgaben aus dem Finanzministerium. Was Zukunft trägt, wird beschnitten. Hochschulen und Kultur, Bildung und Sicherheit, anderenorts hochgehalten und entwickelt – in Sachsen-Anhalt sind es Einsätze im Sparpoker! Als Zugeständnis an die starken Proteste gegen die Kürzungspolitik ändert die Landesregierung nun ihr Vorgehen. Der nächste Haushaltsplan benennt ein neues, ohnehin schon angeschlagenes Opfer – die Kommunen. Damit läge der Druck auf den Landrätinnen und Landräten sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, was im Ergebnis hieße: Die Landesregierung kürzt nicht mehr, sie lässt kürzen. Absehbar ist schon jetzt: Die Regierung wird versuchen, den Spardruck auf verschiedene Interessengruppen abzuwälzen. Just in dem Moment, in dem beim Blindengeld, bei den Theatern, Hochschulen oder den Kommunen die Kürzungen konkret durchschlagen, spricht die Landesregierung von einem Kurswechsel. 


Widerspruch und Protest bleiben weiter nötig. Sachsen-Anhalt braucht eine Debatte unter der Zielsetzung einer handlungsfähigen öffentlichen Daseinsvorsorge sowie eines Zuwachses an Chancengleichheit. Der Umgang mit den finanziellen Rahmenbedingungen ist in erster Linie politische Richtungsentscheidung. DIE LINKE will ein Sachsen-Anhalt, in dem man gern lebt und bleiben kann. 


Wir wollen mehr als Mittelmaß! Wir glauben an die Zukunft unseres Landes und seine Entwicklungspotenziale.


Zu dieser Zukunft gehören Menschen, die sich engagieren, die hier leben und arbeiten wollen. DIE LINKE will den politischen Wechsel. Dafür brauchen wir neue Mehrheiten in der Gesellschaft. Unser Ziel ist eine andere Politik: demokratisch, sozial gerecht und ökologisch nachhaltig. Wir wollen die eigenen Ressourcen stärken und ausbauen: Kultur, Kunst, Bildung, Wissenschaft und öffentliche Daseinsvorsorge. Uns geht es darum, anders zu wirtschaften und zu gestalten. Menschen brauchen Gründe, zu kommen und hier zu bleiben. 


Wir kämpfen um politische Mehrheiten für eine andere Politik in diesem Land. Wir werden gewählt, um Alternativen zu entwickeln und einzubringen. DIE LINKE steht für soziale Gerechtigkeit, für ökologische Nachhaltigkeit und für mehr Demokratie in Sachsen-Anhalt. Deshalb kämpfen wir für eine andere Regierung – mit dem Anspruch, als führende Kraft in Sachsen-Anhalt Politik zu gestalten.



Für einen politischen Aufbruch mobilisieren! 


Soziale Bewegungen und Bürgerinitiativen sind für uns ein Zeichen lebendiger Demokratie. Wir unterstützen diejenigen, die sich – zumeist aus einer Minderheit – aufmachen gegen Ausgrenzung, gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen den Abbau von Bildung und Kultur sowie gegen Umweltschädigung. 


DIE LINKE unterbreitet Vorschläge, um unser Land gerechter zu machen. Der Dreh- und Angelpunkt sind für uns die Menschen und ihre Perspektiven für Leben und Arbeit. Bildung und Kultur sind Zukunftsinvestitionen. Wir brauchen Entwicklungspfade für mehr Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft. Bessere Löhne und sichere, anspruchsvolle Arbeitsplätze sind gute Gründe, zu kommen und zu bleiben. 


Auch ein verantwortungsvoller Umgang mit den finanziellen Ressourcen ist uns Leitbild. Unsere Konzepte müssen finanzierbar sein. Dafür werden wir Vorschläge unterbreiten. Die Verbesserung von Lebensqualität und Perspektiven ist uns jedoch mehr wert als ein überstürzter Schuldenabbau, der als Maßgabe über allen politischen Erwägungen stehen soll. Wichtig für die Zukunft unseres Landes sind stattdessen Investitionen in Bildung, Kultur und Wissenschaft, in eine verlässliche Daseinsvorsorge.


In den nächsten Monaten werden wir für einen politischen Aufbruch mobilisieren. Unsere Vorstellungen, Forderungen und Konzepte sind erste linke Wegweiser. Sie zielen auf einen erfolgreichen Politikwechsel nach der Landtagswahl 2016.



I. Mit uns bleibt das Licht an: Gleichwertige Lebensbedingungen für alle! 


Ein Land kann nicht allein mit wirtschaftlichen Maßstäben regiert werden. Nicht Kennziffern oder Benchmarking machen Sachsen-Anhalt liebenswert und attraktiv. Eine Politik, die nur Abbau und Kürzung kennt, raubt die Lust am Mitgestalten und ruiniert die Stärken unseres Landes. Was wir brauchen, sind gleichwertige Lebensbedingungen – in Stadt und Land. Das heißt auch weichen Standortfaktoren Beachtung zu schenken. Öffentliche Daseinsvorsorge, Mobilität, Teilhabe, gute Arbeit und gute Löhne sind das, was alle zum Leben brauchen. Das sind Zukunftsinvestitionen. 


Öffentliche Daseinsvorsorge braucht qualifizierte und motivierte Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Das Personalentwicklungskonzept der Landesregierung führt in eine Sackgasse. Die teils verheerenden Folgen werden mittlerweile sichtbar, besonders in den Schulen, bei Polizei und Hochwasserschutz. Ein Neustart ist nötig. Gerade junge Fachkräfte brauchen hierzulande eine Perspektive. Wer zu wenige Lehrkräfte beschäftigt, muss Schulen schließen. So werden Regionen abgehängt, in denen sprichwörtlich das Licht auszugehen droht.


DIE LINKE unterstützt die Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV), vor allem im ländlichen Raum. DIE LINKE spricht sich gegen Ausdünnungspläne der Landesregierung bei der Bestellung des SPNV aus. 


Für ein gutes Schulnetz werden alle Pädagoginnen und Pädagogen gebraucht, die derzeit in den Schulen arbeiten. Statt des Prinzips von Neueinstellungskorridoren brauchen wir eine verlässliche Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern sowie pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wer hier studiert, soll hier erste Berufserfahrung sammeln können. Der Personalabbau muss gestoppt werden. Er gefährdet gute Bildung. Für alle Kolleginnen und Kollegen, die die Schule verlassen, benötigen wir gut ausgebildete Nachfolge. Nur so ist eine Schule der Zukunft, die auf Teilhabe und Inklusion setzt, möglich. 


Die öffentliche Sicherheit braucht die Polizei in der Fläche und vor Ort. Alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die aus dem Dienst ausscheiden, müssen ersetzt werden. Ohne eine Mindestzahl von 6 000 Polizistinnen und Polizisten ist die notwendige Präsenz vor Ort – in Stadt und Land gleichermaßen – nicht mehr möglich. 


DIE LINKE wird Vorschläge erarbeiten für ein neues Personalentwicklungskonzept – insbesondere für die Polizei und für eine gute Unterrichtsversorgung.


Barrierefreiheit entscheidet vielerorts über Lebensqualität – für Ältere, für Jüngere, für Eltern und Kinder, für Menschen mit und ohne Behinderungen. Barrierefreiheit ist ein Gewinn für alle, langfristig auch für die Kasse des Landes. Das Baurecht darf keine Ausnahmen mehr zulassen. Die Standards der DIN Verordnung 18040 sind für uns der Maßstab. Wo mit öffentlichen Mitteln gebaut wird, muss Barrierefreiheit gelten. 


Inklusion in der Gesellschaft meint nicht nur den Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderungen, sondern demokratische Teilhabe für alle. Es geht um Wertschätzung von Individualität und Vielfalt. Das ist eine Aufgabe für alle gesellschaftlichen Bereiche, beginnend in der Kita, in der Schule, an der Hochschule. DIE LINKE wird ein Programm „Initiative Inklusion“ vorlegen.


Der ländliche Raum verdient gleichwertige Lebensverhältnisse. Dort gibt es bereits jetzt weiße Flecken – vor allem bei der Gesundheitsversorgung und der Pflege. Kleinere Krankenhäuser in ländlichen Gebieten wollen wir zu Zentren entwickeln, die neben ihrer stationären Versorgung auch Räume für soziale Beratung, für Gesundheitsvorsorge und für engagierte Selbsthilfe ermöglichen. Vor allem die kommunale Trägerschaft eröffnet dafür Spielräume. Gegen eine weitere Privatisierung von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung werden wir mobilisieren! 


Mit qualifizierten medizinischen Fachkräften in ärztlichen Praxen – auch als Gemeindeschwestern bekannt – sehen wir eine Möglichkeit, Gesundheitsversorgung in ländlichen Räumen zu koordinieren. So können z.B. fachärztliche Angebote gemeindenah und flexibel in Arztpraxen vor Ort abgestimmt und betreut werden. Davon brauchen wir mehr. Deshalb erarbeiten wir Vorschläge, diese Angebote auszubauen und zu qualifizieren.



II. Wirtschaften geht anders: Gute Arbeit und gute Löhne! 


Die Wirtschaftsförderung hierzulande ist erschüttert von Skandalen: undurchsichtige Vergabe, Missbrauch von Geldern, Vetternwirtschaft. Solche Machenschaften gehören an die Öffentlichkeit und müssen beendet werden. Dafür werden wir uns auch künftig engagieren.


Die Förderung der Wirtschaft mit öffentlichen Geldern wollen wir umgestalten, der Kleinteiligkeit unserer Wirtschaft mit regionalen Wertschöpfungsketten und Unternehmensnetzwerken Rechnung tragen. Wenn Unternehmen energieeffizienter und ressourcensparend produzieren, dann soll sich das lohnen. Mit der Förderung von Forschung und Entwicklung sollen innovative Unternehmenskonzepte unterstützt werden. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen müssen eingebunden werden in regionale Wirtschaftskreisläufe. Wirtschaftsförderung darf nicht im Tunnelblick von Einzelförderung stecken bleiben. Netzwerke wollen wir fördern: beim Forschen, beim Verkaufen, beim Vermarkten. 


Die Förderung einer vernünftigen Balance zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Beruf und Familie liegt auch in der Verantwortung von Unternehmen. Wir setzen uns dafür ein, familienfreundliches Engagement zu honorieren.  


Wir wollen in Köpfe investieren. Die Niedriglohnpolitik hat abgewirtschaftet, Geschäftsmodelle mit Dumpinglöhnen sind für uns keine Zukunftsmodelle. Die Förderung neuer Arbeitsplätze wollen wir mit einem Mindestjahreseinkommen verknüpfen. Auch das sind gute Gründe für junge Fachkräfte, hier zu bleiben. Deshalb wollen wir die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Tariftreue in den Unternehmen und eine Lohnuntergrenze von 10 Euro pro Arbeitsstunde koppeln. Darüber liegende tariflich vereinbarte Stundenlöhne dürfen dadurch nicht unterlaufen werden. 


DIE LINKE wird ein Konzept vorlegen: Wirtschaften geht anders. 


Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist ein Muss! Vor allem die Arbeitsplätze in sozialen Bereichen sind vielerorts mit prekärer Beschäftigung verbunden. In erster Linie sind Frauen davon betroffen. Fachkräfte, die durch das Land bezahlt werden, müssen schrittweise an die aktuellen Tarife des Öffentlichen Dienstes herangeführt werden: Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas, Fachleute in den Beratungsstellen, Beschäftigte in finanziell geförderten Verbänden und Vereinen. Das ist und bleibt unser Ziel.


Arbeit in gemeinnützigen Unternehmen, die voll versicherungspflichtig ist, ist für uns eine interessante Alternative für die Sicherung der Öffentlichen Daseinsvorsorge und für die Zukunftsperspektiven von Menschen, die seit langem keine Arbeit finden. Dazu erarbeiten wir Konzepte, die wir mit Trägern, Beschäftigten und anderen Akteurinnen und Akteuren diskutieren werden. 


Für erwerbslose Bürgerinnen und Bürger ist es wichtig, dass eine menschenwürdige finanzielle Mindestsicherung gewährleistet wird und auch problemlos zugänglich ist. Eine gesellschaftliche Atmosphäre, in der Hartz-IV-Betroffene als eine die öffentlichen Mittel belastende Randgruppe stigmatisiert werden, ist mit der unantastbaren Würde des Menschen nicht vereinbar.



III. Ein Land mit besseren Aussichten: Mit Kultur, Bildung und Wissenschaft gewinnen alle! 


Unser Anspruch bleibt: Gute Bildung für alle – und zwar von Anfang an. 
Gemeinsam mit vielen waren wir erfolgreich im Kampf um den Ganztagsanspruch in der Kita für alle Kinder. Jetzt müssen nächste Schritte folgen: Wir stellen höhere Qualitätsansprüche. Mit einem ausgebauten Fortbildungssystem verbessern wir die pädagogischen Kompetenzen von Erzieherinnen und Erziehern. Gute Bildung ist inklusive Bildung. Wir wollen mehr Kitas, die diesem Leitbild folgen. 


DIE LINKE bleibt dabei: Längeres gemeinsames Lernen ist ein Schritt auf dem Weg zu Chancengleichheit – sich gegenseitig zu fordern, soziale Erfahrungen zu sammeln und Demokratie zu lernen. Den eingeschlagenen schmalen Pfad wollen wir ausbauen. Wo Gemeinschaftsschule drauf steht, muss mehr Gemeinschaftsschule stattfinden. Mehr Demokratie, mehr polytechnische Bildung, neue Lernformen und multiprofessionelle Teams – darunter pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie Schulpsychologinnen und Schulpsychologen – sind ein Muss. Eine Gemeinschaftsschule verzichtet auf Bildungsgleise und eröffnet Wege für alle Schulabschlüsse. Dafür wird DIE LINKE 2015 ein Konzept vorlegen.


Besonders die Hochschulen entscheiden mit über die Zukunft unseres Landes. Sie sind Quelle für Entwicklung und Wirtschaftskraft. Dort werden kritisch denkende und engagierte Fachkräfte ausgebildet. Junge Menschen erwerben soziales Vermögen für selbstbestimmte Lebensentwürfe. 


Wirtschaftliche, kulturelle oder wissenschaftliche Akzente, die das Gesicht unseres Landes prägen, müssen durch Wissenschaft und Ausbildung gestärkt werden. Die Bewertung allein nach wirtschaftlicher Nützlichkeit verliert jedoch die Förderung von kritischem Geist und Innovation aus dem Blick. Hierfür braucht es mehr Demokratie, Transparenz und eine verlässliche Grundfinanzierung der Hochschulen. Die aktive Absenkung der Studierendenzahlen und der Studienplätze weisen wir zurück. Wir wollen die notwendigen finanziellen Mittel des Landes auch künftig sichern – mindestens auf dem Niveau von heute. Eine Einführung von Studiengebühren zur Finanzierung der Aufgaben lehnen wir ab. Öffentliche Hochschulen sind aus militärischer Forschung herauszuhalten. Wir engagieren uns für die Aufnahme von Zivilklauseln in Statuten und Grundordnungen der Hochschulen. 


Die Universitätskliniken sind unverzichtbare Säulen öffentlicher Gesundheitsversorgung. Vielfältige Kooperationen mit den umliegenden Krankenhäusern und anderen universitätsmedizinischen Einrichtungen ermöglichen nicht nur hohe Qualität in Forschung, Lehre und Gesundheitsversorgung, sondern sorgen für einen verantwortungsvollen Umgang mit gesellschaftlichen Ressourcen. Die Studierfähigkeit für künftige Medizinerinnen und Mediziner gilt es zu sichern. Wir lehnen eine Privatisierung der Universitätskliniken ab.


Kunst und Kultur stärken die kritische Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft. Sie ermöglichen Genuss und Entspannung. Musik, Theater, Museen und Bibliotheken sind gute Gründe, hier zu leben. Unser Kulturkonzept für Sachsen-Anhalt soll ein gemeinsames werden: Sinnvolle Veränderungen in der Kulturlandschaft wollen wir im Dialog mit den Trägern und Akteuren transparent und demokratisch begleiten. Die Empfehlungen des Kulturkonvents nehmen wir ernst, sie sind Grundlage für künftige Entwicklungsstrategien. Kultur und Kunst sind Gemeinschaftsaufgaben – für die Regionen und für das Land. Deshalb schlagen wir eine solidarische Verteilung der Finanzierung vor – zwischen dem Land und den Regionen, zwischen Stadt und Umland. Mit einem Kulturfördergesetz schaffen wir dafür eine gesetzliche Grundlage. Unser Ziel sind neue Einnahmequellen zur Stärkung kultureller Vielfalt im Land. Dabei profitieren wir von den Erfahrungen anderer Regionen.



IV. Für ein Land mit ökologischem Anspruch: Neue Pfade entwickeln! 


Die dramatischen Ereignisse des Hochwassers in den Jahren 2002 und 2013 sind vielen im Gedächtnis geblieben. Umso wichtiger ist es, künftig für nachhaltigen Schutz zu sorgen. Neben technischem Hochwasserschutz müssen umweltpolitische Weichenstellungen verändert werden: Es muss mehr Platz, mehr Auslauffläche für alle Fließgewässer schon bei leicht erhöhten Wasserständen geschaffen werden. Deichrückverlegungen und Renaturierungen sind wo immer möglich zu forcieren. Das geht nicht ohne ein Konzept für die Entschädigung landwirtschaftlich tätiger Unternehmen, deren Böden dann für jene Retentionsflächen gebraucht werden.


Die Aufgabe der Landwirtschaft sehen wir in der Produktion von Agrarerzeugnissen, die in Menge und Qualität eine sichere Versorgung mit Grundnahrungsmitteln garantiert sowie regional differenziert die Bereitstellung agrarischer Rohstoffe und Energieträger sichert. Der Boden im ländlichen Raum soll landwirtschaftlicher Nutzung vorbehalten sein und nicht als Spekulationsobjekt oder Geldanlage missbraucht werden. Der Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaft ist für uns Bestandteil einer umweltgerechten Land- und Forstwirtschaft.


In diesem Sinne geht es uns um eine flächendeckende multifunktionale und am Boden gebundene Landwirtschaft, deren moderne Strukturen sich durch ein ausgewogenes Verhältnis von Wirtschaftlichkeit, Arbeitsplatzangebot und Umweltverträglichkeit auszeichnen. Sie ist ausgerichtet auf einen sparsamen Energie- und Ressourcenverbrauch und orientiert sich auf eine dem Wohl der Tiere angemessene Nutztierhaltung. Überdimensionale Anlagen der Tierhaltung sowie Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe lehnen wir nicht nur aus Gründen des Tierschutzes ab. Sie belasten die Umwelt, da sie das Verkehrsaufkommen allgemein erhöhen und die Wege für Gülle- und Lebendtiertransporte verlängern, sowie auch die kommunale Abwasserentsorgung in nicht vertretbarer Weise. Wir setzen uns für regionale Bestandsobergrenzen bei der Errichtung neuer Tierhaltungsanlagen ein.


Regionale Wirtschafts- und Stoffkreisläufe in der Land- und Forstwirtschaft sollen gefördert und damit regionale Vermarktungs- und Wertschöpfungsketten gestärkt werden. Unterstützt werden von uns alle Maßnahmen, die zu einer größeren Artenvielfalt und Biodiversität sowie zu einem besseren Klimaschutz beitragen.


Wir wollen, dass die EU-Agrarförderung so ausgerichtet wird, dass Fördermittel vorrangig in jene Betriebe fließen, die sich durch ein hohes Arbeitsplatzangebot auszeichnen und so den Menschen im ländlichen Raum Arbeit und Auskommen sichern.


Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht, demokratisch und vor allem ökologisch gestaltet wird. Die Verstromung von Braunkohle ist ein Auslaufmodell, eine Kapazitätserweiterung daher überflüssig. Mittelfristig ist ein Konzept zum vollständigen Ausstieg aus der energetischen Nutzung von Braunkohle unerlässlich. Daher werden wir Tagebauneuaufschlüsse nicht unterstützen. 


Dezentrale Modelle zur Energieversorgung in den Städten und Dörfern sind nachhaltiger und daher vorrangig zu entwickeln. Hierbei wollen wir kommunale Eigentumsformen und Genossenschaften fördern, da diese Formen auch die Möglichkeit einer demokratischen Mitsprache durch die Verbraucher sichern. 



V. Mitreden und Mitentscheiden: Für eine lebendige Demokratie gegen Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung! 


Eine lebendige Demokratie braucht die Teilhabe aller Menschen. Parteienverdruss, Wahlenthaltung und Demokratiemüdigkeit sind Anzeichen dafür, dass Demokratie erlahmt. DIE LINKE setzt sich für die Ausgestaltung und Entwicklung einer Alternativen Bürgerkommune ein, in der für das örtliche Leben zu treffende Entscheidungen auch vor Ort entschieden werden können. Dazu gehört eine finanzielle Ausstattung, die die Erfüllung sogenannter freiwilliger Aufgaben auch tatsächlich ermöglicht, genauso wie die Befreiung der Aufgaben der sozialen und öffentlichen Daseinsvorsorge von rein betriebswirtschaftlicher Funktionslogik. Vielfältige Hürden stehen lebendiger Beteiligung entgegen: Armut an Bildung und Ressourcen, Mangel an ermunternden Erfahrungen, Ausgrenzung und Diskriminierung. Auch hier zeigt sich eine gespaltene Gesellschaft. Wir wollen diejenigen zu Engagement und Mitbestimmung ermuntern, die bereits resigniert haben. Für eine Verbesserung der Beteiligungsmöglichkeiten von Einwohnerinnen und Einwohnern der Innenstädte in großen Ortschaften ohne eigenen Ortschaftsrat wollen wir das Kommunalverfassungsgesetz ändern. So, dass eine Bürgerbeteiligung ermöglicht wird und durch die direkte Einflussmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger  ihren Stadtteil betreffend im Vorfeld von Entscheidungen eine stärkere Akzeptanz von Beschlüssen der Räte erreicht wird. Demokratie darf nicht nur eine Plattform für Gutbetuchte oder vermeintlich Bessergebildete bleiben. Vor allem junge Menschen sollen Demokratie erfahren: in der Kita, in der Schule und in den Hochschulen. Wir wollen das Wahlalter auf 16 Jahre senken.  


Homophobie gehört auch in Sachsen-Anhalt immer noch zum alltäglichen Erleben von Menschen mit unterschiedlicher sexueller Identität. Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen und Verbänden, verschiedener Initiativen und Parteien haben im Rahmen eines Runden Tisches ein Landesprogramm zur Akzeptanz und zum Abbau von Benachteiligung verschiedener sexueller Lebensweisen entworfen. Dies ist ein Angebot, welches wir als Grundlage nutzen werden, um uns für vielfältige Maßnahmen und Strategien gegen Ausgrenzung und Benachteiligung von Menschen mit unterschiedlicher sexueller Identität zu engagieren. Wir wollen, dass das Verbot der Benachteiligung aufgrund der sexuellen Identität in der Landesverfassung verankert wird. 


Wir wollen eine Willkommenskultur für Menschen aus unterschiedlichen Nationen und Kulturen. Sie sind zumeist gut ausgebildet, entschlossen und voller Hoffnung, ein neues Leben für sich und ihre Kinder aufzubauen. Viel zu wenige von ihnen finden Perspektive und Lebensglück in unserem Land.
Im Ausland erworbene Bildungs- und Berufsabschlüsse müssen nicht nur anerkannt werden. Es braucht viel mehr Möglichkeiten, mit ihnen auch Arbeit zu finden. In einer wirklichen Willkommenskultur müssen Ämter- und Beratungsangebote, Bildungseinrichtungen, Kulturangebote unterschiedliche Sprachen sprechen und zwischen unterschiedlichen Kulturen vermitteln. Langfristig angelegte Qualifizierungen im Bereich Sprache und interkulturelle Bildung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden sind dafür wichtige Voraussetzungen. Die kurzfristige Inanspruchnahme von Dolmetscherinnen und Dolmetschern durch Einrichtungen, Träger und Projekte, die ihre Arbeit und Angebote auch Menschen mit Migrationshintergrund zugänglich machen wollen, darf nicht an finanziellen Hürden scheitern. 


Flüchtlinge sind uns willkommen! Es ist zynisch und unmenschlich, wirtschaftliche Nützlichkeit zum Maßstab für erwünschte Zuwanderung zu erheben. Wir wollen für alle Asylsuchenden und Flüchtlinge ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Würde – in eigenen Wohnungen statt in isolierenden Gemeinschaftsunterkünften. Menschen, die vor Krieg und Not  flüchten, sollen die Chance haben, sich hierzulande eine Perspektive zu schaffen. Sprachkurse sind wichtige Angebote, ebenso wie die Chance, gute Arbeit zu finden.


Die Abschiebehaft ist unmenschlich und unverhältnismäßig - eine Haft ohne begangene Straftat. Für die Betroffenen bringt sie enorme Belastungen, und sie macht krank. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um aus dem Land heraus politische Impulse zu setzen, sie zu überwinden. 


Als konsequente Friedens- und Abrüstungspartei wird sich DIE LINKE in Sachsen-Anhalt auch weiterhin für eine Schließung der Truppenübungsplätze Altmark und Zeitzer Forst sowie für eine zukünftige naturverträgliche und touristische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide und des Zeitzer Forstes einsetzen. Den Bau der Kriegsübungsstadt Schnöggersburg lehnen wir ab. Wir unterstützen dagegen den friedlichen Protest und Zivilcourage gegen Krieg und Kriegsübungen und lehnen die Kriminalisierung antimilitaristischer Proteste ab. 


Nicht erst die Mordserie des NSU hat gezeigt: Geheimdienste schützen weder Menschenleben noch Verfassung und Demokratie. Im Gegenteil: Ein Netz von V-Männern – gedeckt durch fragwürdigen Quellenschutz – stärkt ein gefährliches Netz von Nazi-Strukturen. Solche Geheimdienste gehören abgeschafft. Wir wollen stattdessen langfristig Informations- und Dokumentationsstellen in Bund und Ländern etablieren, die neonazistische, rassistische, antisemitische und demokratiefeindliche Aktivitäten und Einstellungen erfassen und dokumentieren – wissenschaftlich und transparent. Dafür sollen dem Verfassungsschutz im Innenministerium die Grundlagen zur Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln entzogen werden. Seine Befugnisse zur Überwachung des Fernmelde- und Postverkehrs, für Observationen und zur Aufzeichnung und Entschlüsselung von Kommunikation sollen ihm sofort entzogen werden. 
V-Leute und „menschliche Quellen“ müssen abgeschaltet und die demokratischen Kontrollrechte des Parlaments gegenüber den Sicherheitsbehörden gestärkt werden.


Engagement gegen Rechts braucht vor allem den Zugewinn an demokratischer Kultur. Rassismus und Menschenfeindlichkeit sind kein Phänomen „extremer“ Ränder. In der Mitte der Gesellschaft, im täglichen Leben muss Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz mutig und engagiert begegnet werden. Unser Landesprogramm gegen Rechts überträgt diese Verantwortung allen Politikbereichen. Insbesondere setzen wir uns für eine stabile und verlässliche Förderung von Bildungs- und Beratungsprojekten im Land ein. 



DIE LINKE steht am Start! 


Wir werden die kommenden zwei Jahre nutzen, um unsere Vorschläge weiter zu entwickeln. Politik im Dialog wollen wir praktizieren – mit den Genossinnen und Genossen unseres Landesverbandes und mit allen, die daran interessiert sind. Unsere Konzepte werden wir mit Betroffenen ebenso diskutieren wie mit engagierten Fachleuten. Wir wollen kein Mittelmaß. Wir wollen Zukunft und Perspektiven. Die Erfahrungen der LINKEN in anderen Ländern – vor allem in Brandenburg und Thüringen – werden wir nutzen.


Wir werden unsere Angebote als sozial gerechte Alternative zur Politik der jetzigen Koalition präsentieren. Für einen solchen Neubeginn stehen wir am Start.


Bei den bevorstehenden Landtagswahlen 2016 kämpfen wir um ein starkes Votum von Wählerinnen und Wählern. Ein Politikwechsel braucht eine starke LINKE in Sachsen-Anhalt. 


Darauf bereiten wir uns inhaltlich und personell gut vor. 
Mit einer eigenen Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten werden wir im Frühsommer 2015 unseren Anspruch auf die Führung einer Regierung bekräftigen.
Der Landesvorstand erhält den Auftrag, bis zum Herbst 2015 ein Landtagswahlprogramm zu erarbeiten. Dafür organisieren wir gemeinsam einen breiten innerparteilichen Diskurs. In Regionalkonferenzen werden wir unsere Konzepte und Vorschläge gemeinsam mit interessierten Menschen diskutieren.


Für die Umsetzung unserer politischen Ansprüche und Vorhaben brauchen wir kompetente und politisch engagierte Kandidatinnen und Kandidaten. Wir beauftragen den Landesvorstand, der VertreterInnenversammlung im Herbst 2015 einen Personalvorschlag für die Aufstellung unserer Liste zu unterbreiten. Wichtig ist uns sowohl ein starkes inhaltliches und politisches Profil der Kandidatinnen und Kandidaten als auch eine regional ausgewogene Vertretung in einer künftigen Landtagsfraktion. Die Landesvorsitzende wird dazu rechtzeitig das Gespräch mit den Stadt- und Kreisvorsitzenden sowie mit den Genossinnen und Genossen des Landesausschusses führen.


Unsere Ziele sind anspruchsvoll. Allein der Anspruch bringt aber noch keinen Politikwechsel. Vor uns stehen spannende Herausforderungen. Wir wollen sie gemeinsam bewältigen – mit konzeptioneller Arbeit, im demokratischen Dialog, ehrlich und transparent, mit dem Mut zur Veränderung und der Kraft zur Gestaltung.