Anträge

Leitantrag an die 4. Tagung des 6. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt am 20. Oktober 2018 in Bernburg

Antragsteller*innen: DIE LINKE. Sachsen-Anhalt - Landesvorstand

Willkommen!

Aufruf zur Kommunalwahl 2019 in Sachsen-Anhalt

Du willst Dich einmischen, weil Du vieles schön und erhaltenswert findest, vieles aber Dich auch nervt und frustriert?

Du siehst auch, dass die wenigen Superreichen zu viel Macht und Geld haben und Du willst daran etwas ändern?

Dich treibt es um, dass Krieg inmitten unserer Welt wieder denkbar ist?

Du nimmst dir Zeit, Nachrichten zu lesen und auch zu hinterfragen, warum die Welt so ist, wie sie ist?

Dich ärgern Schulschließungen, steigende Kita-Gebühren, Warteschlangen beim Arzt, lahmes Internet und zu wenig Bus- und Bahnangebote?

Dich beschämt es, dass Kinder aus Geldmangel nicht am Schulausflug teilnehmen können?

Du willst was tun gegen das „Abgehängt-Sein“ ländlicher Regionen?

Du willst wissen, wie lange deine Nachbarin beim Arzt gewartet hat und wie sie hin- und zurückgekommen ist?

Du traust Dich, Deinen Nachbarn zu fragen, ob sein Hartz IV ausreicht, um die Zuckertüte seiner Tochter zu füllen?

Wir auch.

Darum sind wir DIE LINKE.

Du bist bei uns richtig, wenn Du auch so denkst, siehst und fühlst: Willkommen bei der LINKEN!

Wir sind im Europaparlament, im Bund, den Ländern und in den Kommunen politisch aktiv, aber wir wollen die Politik wieder nach Hause holen, sie vom Wasserkopf auf die Füße stellen. Wir nehmen nicht länger hin, dass die Reichen und Bürokraten sich „OBEN“ nennen, und die mit vielen Ideen aber wenig Geld „UNTEN“ genannt werden.

Wir haben ein gerechtes Steuerkonzept, das Geld von „OBEN“ nach „UNTEN“ holen kann und den Kommunen wieder Luft zum Atmen gibt.

Wir sind eine engagierte Friedenspartei. Wenn alle Bürgermeister/innen der Welt von ihren Einwohner/innen einen klaren Friedensauftrag bekämen - wo sollte da Krieg entstehen?

Wir wollen eine bessere Infrastruktur. Wir wollen, dass die Dinge, die wir im Alltag brauchen, auch für alle zugänglich sind – von A wie Autobus über H wie Hebamme, K wie Kaufhalle bis Z wie Zahnarzt –  in Städten und in den ländlichen Räumen. Was alle brauchen, muss öffentlich sein.

Bei den Kommunalwahlen treten wir an, um dem Trend „Sparen um jeden Preis“ ein Ende zu setzen. Wir wissen, dass zu einer lebenswerten Stadt und einem lebenswerten Dorf mehr gehört als ein ausgeglichener Haushalt.

Jeder Ort hat seine Besonderheiten, für die es sich zu kämpfen lohnt. Aber es gibt auch Forderungen, die im ganzen Land gelten:

Wir brauchen mehr Anerkennung für die Menschen, die sich ehrenamtlich in Feuerwehr, Sportverein und sozialen Projekten engagieren.

Wir brauchen mehr Personal in Schulen, damit kein Unterricht ausfallen muss.

Wir brauchen gebührenfreie Kitaplätze, die auf kurzen Wegen erreichbar sind.

Wir brauchen ein Angebot an Bus und Bahn, das denen nutzt, die es nutzen wollen und das für die Kinder kostenfrei ist.

Wir brauchen einen Internetausbau ohne weiße Flecken auf der Landkarte.

Kurzum, wir brauchen eine Kommune, in der der Mensch und nicht das Geld im Mittelpunkt steht.

Wir haben nicht den Stein der Weisen, aber wir kämpfen für unsere Ideen, wir suchen nach Mehrheiten für unsere Vorschläge. Wenn Du Dich für Deine Stadt, Deinen Landkreis, Dein Dorf – kurzum für Deine Nachbarschaft engagieren willst:

Willkommen bei uns. 

Wir können Vieles, nur nicht abheben

Nicht erst seit den Kommunalwahlen von 2014 arbeiten wir als LINKE in den Kreistagen, in Stadt- und Gemeinderäten. Mehr noch: Wir sind es zumeist, die aus der Sicht der Benachteiligten denken und handeln. Wir müssen auch über kommunale Unternehmen mitentscheiden, aber wir haben alle unsere Entscheidungen auf den Prüfstand der sozialen Gerechtigkeit gestellt, und das bleibt auch so.

Öffentliche Fraktionssitzungen, lebendige Bürgerbüros, Agieren im öffentlichen Raum und „zuhören-können“ waren und sind Markenzeichen linker Kommunalpolitik. So ist uns nicht entgangen, dass wir – vor allem im ländlichen Raum – an Einfluss verloren haben. Allerdings: Aus unserer PDS-Geschichte haben wir die Erkenntnis bewahrt: Wir können aus selbstgemachten Fehlern lernen. 

Gestaltung des Lebens in Gemeinden und Städten wiedergewinnen

Kommunale Selbstbestimmung hat durch den Einfluss von Banken, Konzernen und Aktionären Schaden genommen. Eine „Entmündigungsbürokratie“ auf vielen Verwaltungsebenen steht denen dabei stets zu Diensten. Wir werden die Welt nicht aus Arendsee oder Zeitz retten. Aber deshalb werden wir noch lange nicht den Mund halten über Zustände, die wir ungerecht finden. Solange sich Banken und Krankenhauskonzerne in unseren Alltag einmischen, nehmen wir uns das Recht, deren Misswirtschaft zu stören. Deshalb wollen wir überall mündigen und selbstbewussten Bürger/innen kreative und zuverlässige Partner sein.

Kein Gemeinderat, keine Fraktion kann Kommunalpolitik ganz allein machen. Wir stehen deshalb für eine Kooperation mit demokratischen Parteien und Bewegungen, Gewerkschaften, Kirchen, fortschrittlichen Arbeitsgemeinschaften, Sportvereinen und vielen anderen. Wir sind nicht zu gebrauchen für irgendeine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten oder Rechtsextremisten. Wir wollen Protest auch in den Kommunen mit demokratischer Veränderung begegnen, nicht auf dem Weg in`s Rückwärts-Deutschland. Auch in der Kommunalpolitik bedarf es vieler Alternativen für Deutschland. Dieser „Alternative für Deutschland“ bedarf es nicht.

Mit öffentlichen Verwaltungen wollen wir gut, aber auch kritisch zusammenwirken. In den kommunalen Eigenbetrieben soll es fair und sozial zugehen.

Was alle brauchen, soll öffentlich sein

Bildungszugang spaltet mehr und mehr die Gesellschaft. Wir wollen eine Schule für alle, sonst verschenken wir Talente. Deshalb brauchen wir auch weiter die Schule im Ort, kurze Wege für kurze Beine. Schulverlust ist Kulturverlust, ist verschenkte Zukunft. Wir wissen, dass der Erhalt aller Schulen schwierig ist, aber wenn Finanzminister Schulpolitik machen, geht das einfach schief. Der Weg mit dem Bus zur Schule muss kürzer werden und bezahlbar bleiben. Wir fordern vom Land ein Anreiz-Programm für Lehrer/innen im ländlichen Raum.

Unser Sachsen-Anhalt hat bedeutende wissenschaftliche Kapazitäten. Deshalb setzen wir uns für deren Weiterentwicklung ein. Viel reicher können wir im Land vielleicht nicht werden, viel klüger auf jeden Fall.

Wir leben in einem Kulturland. Theater, Orchester, Museen und Musikschulen, Naturdenkmale und eine bedeutende Industriegeschichte, eine lange Tradition des Lebens am Fluss. In linker Kommunalpolitik steckt viel Kulturpolitik, mit Leidenschaft und Sachverstand, manchmal auch mit Trotz.

Überall brauchen wir eine gute Förderung von Mobilität. Die Dörfler sollen in´s Theater kommen, und die Städter zum Erntefest. Für Bahn und Radwege haben wir richtig gute Ideen.

Digital oder abgehängt

Wer schon nicht reich ist, sollte wenigstens online sein. Studierende und Jungunternehmen entscheiden oft anhand des Netzzugangs über Bleiben oder Weggehen. Auch deshalb setzen wir uns energisch für Breitbandausbau auf höchstem Niveau ein.

Wir nehmen‘s sportlich

Unser Land ist reich an Traditionen im Breitensport. Wir unterstützen das gern. Das Ehrenamt im Sport verdient und braucht mehr Anerkennung. 

Doch – Wirtschaft können wir auch

Sachsen-Anhalt war einst ein bedeutendes Industrieland, bis dass die Treuhand kam. Industriepolitisches Wissen und Gewissen sind noch vorhanden, aber inzwischen auf Klein- und mittelständische Unternehmen übergegangen. Wir schätzen unternehmerische Initiative im Handwerk, im Gewerbe und in Industriebetrieben und fördern deren Entwicklung.

In der Landwirtschaft setzen wir uns auf allen politischen Ebenen für die Chancengleichheit ostdeutscher Agrarunternehmen ein. 

DIE LINKE hat rechtzeitig erkannt, dass die Zukunft der Energiewirtschaft in den Erneuerbaren Energien besteht.

Die kommunalen Unternehmen im Land verdienen auch weiterhin unsere Unterstützung und kritische Begleitung. Die Sparkassen und die städtischen Unternehmen wollen wir als Betriebe mit fairer Tarifbindung weiter entwickeln. Europäisches und deutsches Vergaberecht wollen wir entbürokratisieren, um regionalen Unternehmen bessere Wettbewerbschancen zu geben. 

Datenschutz gilt für alle gleichermaßen, es geht nicht an, dass Konzerne sich freikaufen und kleine Unternehmen von Bürokratie erdrückt werden. 

Die Landkreise sollten Vorreiter bei der Förderung von IT-Unternehmen und digital orientierten Jungunternehmen werden und dafür die Wirtschaftsförderung neu strukturieren.

Die kommunale Wohnungswirtschaft liegt uns am Herzen. An viele gute Erfahrungen wollen wir hier anknüpfen. 

Seit Jahr und Tag stehen wir für eine humanistische und soziale Arbeitsmarktpolitik. Als Gegner des „Hartz-IV- Systems“ kümmern wir uns um die von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen. Wer seine Arbeit verloren hat, darf nicht auch noch seine Würde verlieren. Es gibt inzwischen eine neue Situation: Langzeitarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel stehen sich gegenüber. Fachkräftemangel ist nur mit Qualifizierung und Weltoffenheit, nie mit Abschottung zu überwinden.

Für eine neue Kultur des Miteinander

Mit der deutschen Einheit ist vieles besser geworden, aber es wurde auch neue Zwietracht gesät. Wir wollen nicht, dass die Ellenbogen-Gesellschaft über das solidarische Miteinander siegt. Wir wollen auch heute noch sagen: „Den Kindern soll`s mal besser gehen!“ und nicht “Nach mir die Sintflut!“. Fragen wir uns doch einmal selbst: Was ist der Begriff „Nachbar“ heute noch wert? 

Und auch für dieses neue Miteinander können wir etwas tun, als Ossi`s allemal! Wir wollen das Land von untern verbessern, also zuerst im kommunalen Gemeinwesen. Wir stehen deshalb für eine weitaus höhere Wertschätzung des Ehrenamtes ein, auch mit mehr Geld. 

Die Feuerwehren im Land sind ein Musterbeispiel bürgerschaftlichen Engagements. Sie verdienen unsere tätige Unterstützung.

Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen sind eine Bereicherung des Lebens in den Städten und Gemeinden. Vieles können wir von ihnen lernen. Deshalb setzen wir uns für das Konzept des nicht ausgrenzenden Zusammenlebens – Inklusion genannt – ein.

Wir setzen auf die Erfahrungen von Seniorinnen und Senioren. Schön, dass wir älter werden, aber wir wollen mehr dafür tun, dass die Älteren das auch als Lebensgewinn empfinden können. Die Senior/innen-Vertretungen im Land wollen wir in allen Volksvertretungen als willkommene Partner respektieren. Altersweisheit ist manchmal anstrengend, aber noch immer eine Form von Weisheit.

Die öffentliche Sicherheit im Land ist ein Reizthema geworden. Vor allem anderen brauchen wir eine gut funktionierende Polizei und Justiz. Wir haben uns schon seit Jahrzehnten für eine bessere Polizei-Präsenz auch in Kleinstädten und Gemeinden eingesetzt. Die Folgen von Kriminalität sind teurer als eine ordentlich aufgestellte Polizei.

Seit 2015 haben wir in den Kommunen ganz neue Erfahrungen im Umgang mit geflüchteten Menschen gemacht. DIE LINKE hat sich in Kooperation mit Vereinen und Kirchen humanistisch und couragiert eingebracht. Sie hat sich rechtspopulistischen Tendenzen entgegengestellt und so vielleicht auch Verluste bei der Landtagswahl 2016 in Kauf genommen. Wir sind genügend im wirklichen Leben zu Hause und wissen, dass ein Zusammenleben mit Flüchtlingen auch Probleme bereitet. Deshalb setzen wir uns ja in der Bundespolitik dafür ein, viel mehr für Entwicklungshilfe als für Krieg und Rüstung auszugeben. Wenn aber Geflüchteten in unserem „Hier und Heute“ eingetroffen sind, dann gilt unser Prinzip: Die Würde des Menschen ist unantastbar!

Im Jahr der Kommunalwahl begehen wir den 30. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin und auch bei uns im Land. Wir hatten 1989 nicht erwartet, dass nach 30 Jahren noch so vieles ungleich ist in Deutschland. Bei den Löhnen und den Renten, bei der Anerkennung fachlicher Qualifikationen, bei der Besetzung von Chefsesseln. Aber dies kann uns Ostdeutschen keiner nehmen: Wir sind die wahren Könner des Umbruchs, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformation. Und deshalb gilt auch bei der Kommunalwahl 2019:“ Selbstbewusst für den Osten!“ Die Ostdeutschen zeigen den aufrechten Gang. Manchmal, vielleicht zu selten - aber trotz Alledem.

Europa? Europa!

Es ist doch richtig, dass die Europäische Union unter zu viel Bürokratie leidet. Aber viel wichtiger ist: Die Europäische Union leidet unter zu wenig politischer Vision und deren Umsetzung.

Wer wollte 2019 einer Schülerin in Wittenberg oder Eisleben erklären, dass ihre Freundschaften nach Marseille und Dublin wieder an Grenzen enden sollten? Wir wollen das nicht. Wir wollen ein sozial und humanistisch verfasstes Europa. Wir wollen auch ein gutes Verhältnis zu Russland.

DIE LINKE in Sachsen-Anhalt sagt: Willkommen!


 

Für ein Europa der Solidarität, der Menschlichkeit und des friedlichen Zusammenlebens

Antrag an die 4. Tagung des 6. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt am 20. Oktober 2018 in Bernburg

Antragsteller*innen: DIE LINKE. Sachsen-Anhalt - Landesvorstand

 

Für ein Europa der Solidarität, der Menschlichkeit und des friedlichen Zusammenlebens

Am 26. Mai 2019 wählen wir nicht nur unsere kommunalen Abgeordneten, sondern wir entscheiden auch über das Europaparlament. Die Zukunft der Europäischen Union beschäftigt uns und viele andere Menschen. Dabei sind wir hin- und hergerissen zwischen scharfer Kritik an der bestehenden Union einerseits, die in Sachen Demokratie, Wirtschafts- und Sozialpolitik mehr als zu wünschen übrig lässt, und der Angst, dass die Stagnations- und Zerfallstendenzen der EU andererseits Ausdruck eines reinen Rückzugs auf den vermeintlich besseren Nationalstaat ist. 

Zurzeit erleben wir eine tiefe Krise der Europäischen Union. Viele Menschen erfahren soziale Unsicherheit und Perspektivlosigkeit. Sie fühlen sich zunehmend abgehängt und verbinden vor allem in Südeuropa ihre Situation mit der Politik der EU. Dies wird von der politischen Rechten ausgeschlachtet, um die Menschen gegeneinander auszuspielen und die politische Unsicherheit zu befördern.

Auch die permanente Umverteilung von Reichtum im globalem Maßstab hat kein einiges Europa, sondern noch dazu in den Ländern Afrikas und dem Nahen Ostens Armut, Klimakatastrophen und Kriege zur Folge. Die Konsequenz ist, dass Menschen aus diesen Ländern versuchen, ihrer oft lebensbedrohlichen Lage zu entkommen, einige auch durch eine Migration in die EU. Zurzeit erleben wir, wie die Nationalstaaten auf europäischer Ebene versuchen, sich vor den Folgen dieser Umverteilungspolitik abzuschotten und eine humanistische Lösung zu verhindern. Übrig bleiben der Ausbau Europas zur Festung und das unerträgliche Sterben im Mittelmeer. Dies bedeutet den Verrat an den Grundwerten menschlichen Zusammenlebens. Unsere linke Idee von einem solidarischen, gerechten und offenen Europa ist dies nicht.

Aber die europäische Krise ist auch eine demokratische: die Rechte von Parlamenten oder der Judikative in den Nationalstaaten werden eingeschränkt, die Pressefreiheit behindert, Bürger- und Menschenrechte ausgehebelt. Krisengipfel der Staats- und Regierungschefs, die einseitig und ohne das Votum des Europäischen Parlaments erfolgen, die Abschottung und die Verstärkung der Grenzsicherung der EU beschließen, Staats- und Regierungschefs, die in ihren Mitgliedsstaaten stetig die Rechtsstaatlichkeit, Bürgerrechte oder die Gewaltenteilung aushebeln. Unsere linke Vorstellung von einem demokratischen und rechtsstaatlichen Europa ist dies nicht.

Eines der zentralen Probleme der EU ist ihre dominante Ausrichtung auf einen möglichst deregulierten Binnenmarkt. Die Folgen waren in der Vergangenheit Sozial- und Lohndumping auf Kosten der Arbeitnehmer*innen, ungleicher Lohn für gleiche Arbeit abhängig vom Geschlecht und der Herkunft, die Schleifung von Arbeitnehmer*innenschutzrechten unter dem Deckmantel des uneingeschränkten und diskriminierungsfreien Wettbewerbs. Unsere linke Vorstellung von einem sozialen Europa ist dies nicht. 

Einerseits müssen wir daher konstatieren: viele Menschen in Europa und der Europäischen Union glauben nicht mehr an eine gemeinsame europäische Zukunft. Perspektivlosigkeit macht sich breit. Viele fürchten, dass es ihren Kindern schlechter gehen wird als ihnen selbst. Sie verbinden Europa und vor allem die EU mit Finanz- und Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, Bürokratie und haben das Gefühl, kaum Einfluss auf die Zukunft nehmen zu können.

Andererseits gibt es viele Menschen innerhalb und außerhalb der EU, die ihre Hoffnungen mit der europäischen Integration verbinden. Sie erleben, wie Faschisten und Nationalisten die EU und Europa zerstören wollen, wie ein gefährlicher Nationalismus um sich greift. Viele fühlen sich angesichts der Entwicklung in Europa an die 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnert, an zwei durch Nationalismus hervorgerufene Weltkriege und haben Angst davor, dass sich dieses Schicksal mit einem Auseinanderbrechen der EU wiederholt. Spätestens seit dem Brexit wissen viele Menschen, dass es wichtig ist, die europäische Idee und die EU zu retten.

In einer Zeit, in der nicht nur die EU als Institution von rechts bedroht ist, sondern auch das friedliche Zusammenleben der Menschen auf dem Kontinent Europa, wo Nationalisten nach der Macht in den einzelnen Nationalstaaten, aber auch auf Ebene des europäischen Parlaments greifen, in der einzelne Nationalstaaten gültiges internationales Recht oder auch die demokratischen und menschenrechtlichen Grundprinzipien außer Kraft setzen, braucht es eine starke, einige und entschlossene Linke, die dagegen ankämpft.

Unsere linke Vorstellung von einer freien und einigen EU beinhaltet eine wirkliche europäische Integration anstatt einer Renationalisierung. Sie beinhaltet das Bekenntnis zum friedlichen Zusammenleben auf diesem Kontinent. Es soll ein Europa werden, in dem wir völlig selbstverständlich und frei zwischen Kiel und Zagreb reisen. Jeder Mensch sich ohne Einschränkung aussuchen kann, an welchem Ort er leben und arbeiten will. 

Unsere linke Vorstellung von einer demokratischen EU beinhaltet eine Stärkung des Europäischen Parlaments vor allem gegenüber den Staats- und Regierungschefs. Wahlrechtsgleichheit, direkte Demokratie durch mehr Bürgerbeteiligung, Einbindung der Regionen über eine zweite Kammer und das Verbot der finanziellen Einflussnahme auf politische Entscheidungen sind weitere Grundpfeiler für die Schaffung einer wirklich europäischen Demokratie.

Unsere linke Vorstellung von einer solidarischen EU setzt auf gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Menschen. Denn wir, die wir die Grenzen zwischen Ost und West, Stadt und Land in der Bundesrepublik kritisieren, haben ebenso einen Blick auf die ungleichen Lebensverhältnisse in Ost und West, Nord und Süd sowie Zentrum und Peripherie in Europa. Wir als Ostdeutsche haben aus den wirtschaftlichen und sozialen Umbrüchen nach 1989 in besonderer Art und Weise erfahren, was ungleiche Lebensverhältnisse für abgehängte Regionen bedeuten. Die besondere Förderung wirtschaftlich schwächerer Regionen muss deswegen ausgebaut werden, das nützt letztendlich auch den wirtschaftlich stärkeren Regionen.

Unsere linke Vorstellung von einer sozialen EU beinhaltet daher auch EU-weite Mindeststandards zum Beispiel bei Beschäftigungsbedingungen oder der Mitbestimmung im Betrieb, geschlechts- und herkunftsunabhängige Löhne, Mindestlohnkorridore oder auch eine EU-weite Arbeitslosenversicherung. Soziale Grundrechte und die Tarifautonomie müssen Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten haben (soziale Fortschrittsklausel). 

Unsere linke Vorstellung von einem gerechten Europa verlangt den menschengemachten Klimawandel anzuerkennen und europa- und weltweite Lösungen zu finden. Große Probleme erfordern große Lösungen. Eine Steuerpolitik, die Flucht wirksam bekämpft und die Ressourcen für die soziale Sicherung, öffentliche Daseinsvorsorge und Umweltschutz bereitstellt. Gemeinsame Investitionsprogramme, welche Arbeitsplätze in allen Regionen schaffen und alle fair an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben lassen. Um diese Ziele zu erreichen lehnen wir Freihandelsverträge wie TTIP, CETA und TISA ab, die Beschäftigten- und Verbraucher*innenrechte einschränken wollen.

Unsere linke Vorstellung von einer friedlichen EU wendet sich gegen die zunehmenden Versuche, die EU zu einer globalagierenden militärischen Interventionsmacht auszubauen. Die EU muss als globaler Akteur den Interessensausgleich und die Zusammenarbeit vor allem mit Russland, den Staaten des Nahen Ostens und Afrikas organisieren mit dem Ziel, in diesen Ländern nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen, Brücken zu bauen, statt auf Konfrontation zu setzen. Diese Aufgaben können überhaupt nur in einer gemeinsamen EU koordiniert und gelöst werden.       

Unsere linke Vorstellung von einer offenen EU für alle beinhaltet eine andere Migrations- und Asylpolitik. Die Aufnahme von Menschen und ein humaner Umgang mit ihnen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es geht um die Gewährleistung von legalen Fluchtwegen, Schutz und Integration.  

Wir stehen in der Verantwortung, der neoliberalen Politik und dem in der Mitte der Gesellschaft angekommenen Rechtstrend, die das zivilisatorische Erbe dieses Kontinents insgesamt bedrohen, etwas entgegenzusetzen.

Wir kämpfen für eine Europäische Union der Solidarität, der Menschlichkeit und des friedlichen Zusammenlebens, deshalb werben wir für jede Stimme bei der Europawahl am 26. Mai 2019.

 


 

Seniorenpolitische Leitlinien Sachsen-Anhalt

Antrag an die 4. Tagung des 6. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt am 20. Oktober 2018 in Bernburg

Antragsteller*innen: Landesarbeitsgemeinschaft Senioren Sachsen-Anhalt

Seniorenpolitische Leitlinien Sachsen-Anhalt

I.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Senioren der Partei DIE LINKE hat im Jahr  2008 „Seniorenpolitische Standpunkte“ vorgelegt. Die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft Senioren in Sachsen-Anhalt arbeiten intensiv an der Fortschreibung dieser Standpunkte mit. Jedoch sind die Ausgangssituationen im Land Sachsen-Anhalt oftmals andere als im gesamten Bundesgebiet, so dass es die Mitglieder der LAG Senioren für erforderlich halten, auf das Land Sachsen-Anhalt und für linke Politikerinnen und Politiker in Sachsen-Anhalt zugeschnittene Standpunkte als Leitlinien vorzulegen.

Mit den Seniorenpolitischen Leitlinien Sachsen-Anhalt werden Ziele für vorausschauende, angepasste und gerechte Seniorenpolitik definiert. Wir sind die „Kümmererpartei“ in dieser Gesellschaft und müssen dies auch wieder klarer definieren. Viele Politikerinnen und Politiker, die sich für die ältere Generation einsetzen arbeiten schon jetzt daran, dieser größten Bevölkerungsgruppe in unserem Land mit ihrem Handeln gerecht zu werden und ein Leben in Würde und mit Teilhabe zu ermöglichen – doch braucht es einheitlichere Handlungsansätze.

Der demografische Wandel stellt Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen. Die Altersarmut ist in Sachsen-Anhalt angekommen und fordert die Gesellschaft heraus, der solidarischen und gerechten Daseinsvorsorge für alle gerecht zu werden. 

Für DIE LINKE. Sachsen-Anhalt, ihre Kreisverbände sowie Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aller Ebenen sollen sie Grundlage für die Ausnutzung ihrer Handlungsspielräume im politischen Umfeld sein, damit möglichst viele dieser Ziele in die Tat umgesetzt werden und in der Gesellschaft ihre Wirkung entfalten können. Die Seniorenpolitischen Leitlinien sollen den Fokus auf ein würdevolles Miteinander aller Menschen legen.

Die vorhandene Bedrohung unserer älteren Generation im Land Sachsen-Anhalt durch Altersarmut führt auch hier zum Absinken des Versorgungsniveaus im Alter und stellt den Generationenzusammenhalt und das gegenseitige Verständnis auf eine harte Probe. Wir müssen uns einsetzen für eine neue Kultur des Alterns und des Alters. 

Daher fordern wir: 

  • die gesellschaftlichen Strukturen altersfreundlich und barrierefrei zu gestalten, 
  • die Solidarität der Generationen untereinander zu  fördern, 
  • gesundheitspolitische Potentiale auszuschöpfen, 
  • Rentengerechtigkeit zu fordern und den Übergang vom Erwerbsleben in die Rente menschenwürdig, solidarisch und gerecht zu gestalten.

Diese neue Kultur des Alterns und des Alters erfordert ein neues Bild der älteren Generation, der Seniorinnen und Senioren in allen Teilen der Gesellschaft. An dieser Entwicklung des Altenbildes sind alle Generationen und gesellschaftlichen Akteure zu beteiligen.

Dass die Menschen heute immer älter, teils hochaltrig werden, kann heute eine Errungenschaft sein, aber wir teilen auch die Auffassung der Alterswissenschaftler, dass die zunehmende Hochaltrigkeit gewisse Probleme für die Menschen und die Gesellschaft mit sich bringt, die wir anpacken müssen - der Anspruch auf Gesundheit ist ein Menschenrecht und darf nicht von den persönlichen finanziellen Mitteln abhängen. Hochaltrigkeit erhöht die Anforderungen an das Gesundheitssystem. Privatisierungen im Gesundheitssystem und die damit verbundene Benachteiligung von Altersarmut betroffener Seniorinnen und Senioren ist unsozial und unsolidarisch. 

Seniorenpolitik muss auf allen Entscheidungsebenen noch konsequenter als Querschnittsaufgabe betrachtet werden. Die ältere Generation ist keine homogene Gruppe. Das Wählerpotential der Seniorinnen und Senioren in Sachsen-Anhalt ist nicht zu unterschätzen und ihr Gewicht bei Wahlentscheidungen nimmt weiter zu. Will DIE LINKE auch in Sachsen-Anhalt ihren politischen Einfluss in der Gesellschaft ausbauen, muss sie mehr Augenmerk auf die Seniorenpolitik legen. Durch den Blick auf diese Querschnittsaufgabe der Gesellschaft wollen wir dazu beitragen, dass dieser Generation und ihren Bedürfnissen mehr als bisher Rechnung getragen wird.

Die Altersarmut ist in Sachsen-Anhalt angekommen und schon sind 28.653 Männer und 52.779 Frauen von Altersarmut bedroht. Sie beziehen eine Rente am oder unter dem Existenzminimum und sind auf Grundsicherung angewiesen. Gerade in den ostdeutschen Ländern muss immer wieder die Forderung aufgemacht werden, die Rentenangleichung Ost/West so schnell wie möglich zu erreichen. Die Rente muss für alle zum Leben reichen! 

II.

Aus diesem Grunde fordert die Landesarbeitsgemeinschaft Senioren der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt konkret:

- Die Anstrengungen für die Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West müssen auf allen politischen Ebenen kommuniziert, gefordert und gefördert werden. Es muss nachhaltiger an der Verhinderung drohender Altersarmut gearbeitet werden, dies beginnt schon im erwerbsfähigen Alter mit einem gerechten Lohnniveau. Das Leben muss auch im Alter für alle lebenswert bleiben, dies bedingt auch Rentengerechtigkeit für die ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner.

- Mehr Engagement und Widerstand durch die Seniorinnen und Senioren selbst und die Vernetzung mit den Aktivitäten möglichst vieler Seniorenzusammenschlüsse, den Gewerkschaften und der jüngeren Generation sowie die Förderung von gemeinsamen Projekten der Seniorinnen und Senioren mit der jüngeren Generation, um den Generationszusammenhalt zu stärken.

- Keine weitere Privatisierung sondern Rekommunalisierung von Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsversorgung, Prävention und Rehabilitation.

- Förderung der Mobilität im Alter für einen uneingeschränkten Zugang alter Menschen zu ärztlicher Behandlung und Betreuung, zur Sicherung der eigenen Versorgung und der Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum. Der öffentliche Personennahverkehr muss gestärkt werden und bezahlbar bleiben.

- Die geriatrische Forschung, Aus- und Weiterbildung sowie Angebote der medizinischen Versorgung auf dem Gebiet der Geriatrie auszubauen,

- Ein Sterben in Würde durch den Ausbau der Palliativmedizin sowie durch hochwertige, ambulante und stationäre Hospizleistungen in allen Regionen zu ermöglichen,

- dass Altenpflege auch dem Erhalt und der Förderung der Lebensqualität sowie verbliebener Fähigkeiten der pflegebedürftigen alten Menschen dient. Dazu gehört auch, dass die freie Wahl zwischen ambulanter und stationärer Pflege sowie alternativen Wohnformen gesichert ist.  

Altenpflege verdient mehr gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung, insbesondere durch die Schaffung verbesserte Arbeitsbedingungen, den Einsatz von mehr Personal und eine angemessene Vergütung.

- dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ein Recht auf zügige, qualifizierte Beratung und substanzielle Hilfe haben. Dafür fordern wir die entsprechenden Rahmenbedingungen in unserem Land. Lange Bearbeitungszeiten sind menschenverachtend. 

- dass Seniorinnen und Senioren unabhängig von ihrer Herkunft der gleichberechtigte Zugang zu allen Leistungen zu gewähren ist – Sprachbarrieren und kulturelle Hinderungsgründe sind abzubauen – kultursensible Altenhilfe ist zu gewährleisten.

- Altersgerechtes Wohnen muss stärker auf individuelle Wohnbedürfnisse im Alter und auf die steigende Altersarmut mit bezahlbaren Mieten fokussiert sein. Das heißt: 

  • Wohnungsanpassung, Umbau in barrierefreie, altersgerechte Wohnungen und alternative Wohnformen sind durch kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen mit staatlichen Fördermitteln vorrangig zu unterstützen.
  • Generationsübergreifendes Wohnen und selbst organisierte Wohnprojekte sind zu fördern.
  • Seniorengerechtes, betreutes Wohnen ist in den Richtlinien des sozialen Wohnungsbaus festzuschreiben.
  • Betreuungsangebote und Wohnformen für Mensch mit Demenz sind kritisch zu begleiten.
  • Ein Sonderkündigungsrecht für Menschen über 70 Jahre  ist zu schaffen.
  • Die Entbürokratisierung von Wohngeldanträgen ist durchzusetzen.

- das Bewusstsein in der Gesellschaft zu schärfen, dass die fortschreitende Digitalisierung des Lebens und die Einflussnahme von digitalen Medien in allen Lebensbereichen bei den Seniorinnen und Senioren nicht nur Gutes im Sinne von Freiheit, Unabhängigkeit und erleichterter Teilhabe birgt, sie schürt auch Ängste und Verunsicherung, derer wir ebenso kritisch und sensibel begegnen müssen.

III. 

Direkte Demokratie auch für Seniorinnen und Senioren, z.B. durch die Erweiterung von Beteiligungsformen in Seniorenvertretungen oder Seniorenbeiräten, ermöglichen mehr Mitbestimmung bei relevanten, die Senioren betreffende Entscheidungen. Das ist eine zentrale Frage gesellschaftlicher Teilhabe. 

Wir halten weiterhin an unserer Forderung nach einem Landesseniorenmitwirkungsgesetz fest. 

Auf allen parlamentarischen Ebenen sind gesetzliche Regelungen zur Bildung selbst gewählter Seniorenvertretungen mit Rede-, Anhörungs- und Antragsrecht zu schaffen. Seniorenvertretungen müssen stärker Einfluss auf die Erarbeitung und Realisierung von Senioren-, Altenhilfeplänen sowie anderer seniorenpolitischer Instrumentarien nehmen, um mehr Mittel und Möglichkeiten für ältere Menschen zu erschließen und sinnvoller einzusetzen. Eine bessere Vernetzung der regionalen und überregionalen Angebote, Einrichtungen und Dienstleister muss forciert werden. Netzwerkbüros sind dazu in der Praxis hilfreich.

Unsere Forderungen in den Kommunalparlamenten dieses Landes müssen sein:

- dass die Seniorenpolitik auf der kommunalen Ebene einen höheren Stellenwert erhält. Der demographische Wandel erfordert von den Politikern der Städte und Gemeinden einen Bewusstseinswechsel im Umgang mit kommunaler Seniorenpolitik – diese muss unbedingt gestärkt werden.

- die Gewährleistung des solidarischen Zugangs älterer Menschen zu Bildungseinrichtungen, Kultur, Kunst und Internet – auch durch Altersarmut bedrohten Seniorinnen und Senioren darf der Zugang nicht verwehrt werden, dies fördert die Teilhabe an der Gesellschaft und die geistige Aktivität. 

- dass sich das Verständnis für mehr „Sicherheit im Alter“ im Werteverständnis der Gesellschaft verankert – Es sind die politischen, sozialen, rechtlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen auf allen politischen Ebenen mit dieser Zielstellung zu verfolgen, auszugestalten und vorhandene Defizite zu beseitigen. Hilfs- und Beratungsangebote sind auszubauen – Prävention und Aufklärung sind stärker zu fördern.

- dass Altersdiskriminierung und Gewalt an Älteren in der Gesellschaft ernst genommen wird und „mehr Achtung vor dem Alter“ wieder in allen Generationen selbstverständlich wird

- dass das ehrenamtliche Engagement von Seniorinnen und Senioren auf allen Ebenen gestärkt wird. Ehrenamtliches Engagement als Ersatz für den Rückzug des Staates lehnen wir kategorisch ab.

Wir Seniorinnen und Senioren der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt nehmen ebenso die Seniorenpolitischen Standpunkte der Bundesarbeitsgemeinschaft Senioren der Partei DIE LINKE. als Handlungsgrundlage für unser Tun an. 

Wir sehen die Herausforderungen in der heutigen immer älter werdenden Gesellschaft als gegeben an und bitten die jüngere Generation unserer Genossinnen und Genossen uns zu helfen, unseren Forderungen mehr Gehör und Gewicht auf allen politischen Entscheidungsebenen zu geben. 

Der Generationenzusammenhalt muss auch in unserer Partei real gelebt werden.


 

Es braucht linke Einwanderungspoltik

Antrag an die 4. Tagung des 6. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt am 20. Oktober 2018 in Bernburg

Antragsteller*innen: Linksjugend ['solid] Sachsen-Anhalt

Es braucht linke Einwanderungspolitik

Der Landesparteitag möge beschließen:

DIE LINKE. Sachsen-Anhalt macht sich die nachfolgenden Positionen als Leitfaden beim Umgang mit Einwanderung zu Eigen und wird den nachfolgenden Text als Antrag an den Bundesparteitag stellen mit der Aufforderung an die Bundestagsfraktion, diese Positionen in der parlamentarischen und allgemeinen öffentlichen Auseinandersetzung offensiv zu vertreten und linke Alternativen im von rechten Erzählungen dominierten Diskurs sichtbar zu machen sowie konkrete Entwürfe für eine linke Einwanderungsgesetzgebung im Sinne dieses Antrages zu entwickeln, um sie in den Bundestag und in die öffentliche Debatte einzubringen.

DIE LINKE will eine Alternative zum Mainstream der Abschottungs- und Abschiebeparteien bieten, die sich in einem Überbietungswettbewerb der migrationspolitischen Menschenfeindlichkeit befinden. Das glaubwürdige und konsequente Bekenntnis zur Forderung nach offenen Grenzen für alle Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrem sozialen Status – ist dafür notwendige Bedingung. Mit diesem Bekenntnis muss aber auch ein konkretes Angebot einhergehen, wie DIE LINKE in den vier Jahren nach der Bundestagswahl die sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen zur Umsetzung dieser Forderung schaffen will. Es braucht linke Einwanderungspolitik. Dabei darf es nicht darum gehen, Migrant*innen und Geflüchtete als Probleme oder Humankapital zu betrachten, sondern es muss darum gehen, ihre Probleme zu lösen.

Soziale Gerechtigkeit war, ist und bleibt soziale Gerechtigkeit für alle

„Die klassenbewussten Arbeiter, die begreifen, dass die Zerstörung aller nationalen Schranken durch den Kapitalismus unumgänglich und fortschrittlich ist, bemühen sich, die Aufklärung und Organisierung ihrer Genossen aus den anderen Ländern zu unterstützen.“ - Lenin

Entgegen der Stimmungsmache von rechts können die Probleme, die mit Migration einhergehen, natürlich benannt werden. Sie sind oftmals keine neuen Probleme in einer Gesellschaft, in der bereits jetzt viele Menschen aufgrund ihres sozialen Status ausgegrenzt, entwertet und entrechtet werden, in der viel zu viele Menschen nicht die Hilfe bekommen, die sie brauchen, in der ein eiserner Vorhang zwischen den Vierteln, Schulen, Milieus der Reichen auf der einen Seite und denen der Armen auf der anderen Seite steht und in der die innere Sicherheit vor allem unter einem Mangel an sozialer Sicherheit leidet. Diese Formen der Ausgrenzung und ihre Folgen betreffen auch Migrant*innen und Geflüchtete, aber oft in schärferer Weise.

Wer in Deutschland lebt, soll auch in Deutschland arbeiten dürfen, um dieses Leben zu finanzieren. Dafür brauchen Migrant*innen und Geflüchtete, ebenso wie Deutsche, auch die angemessene Bezahlung: Ausnahmen beim Mindestlohn und bei Tarifverträgen darf es nicht geben, im Gegenteil müssen Gewerkschaften und Arbeitnehmer*innenrechte gestärkt werden. Um sich gegen Lohndrückerei, schlechte Arbeitsbedingungen und Benachteiligung zu wehren, brauchen Migrant*innen und Geflüchtete als Arbeitnehmer*innen die gleichen Rechte und Möglichkeiten zur Selbstorganisation, vor allem aber brauchen sie die Solidarität der anderen Beschäftigten. Solidarität ist die bewährte Waffe der Ausgebeuteten. Dessen ist sich die politische Linke als internationale Bewegung seit über hundert Jahren bewusst und in dieser Tradition steht auch DIE LINKE.

Viele Menschen, die nach Deutschland kommen, sind bereits qualifiziert. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist schon für EU-Bürger wenigstens verbesserungswürdig. Aber auch die Abschlüsse von Nicht-EU-Bürgern müssen anerkannt werden, damit diese ihren Beruf weiter ausüben können – damit muss natürlich auch die Möglichkeit zur Fortbildung einhergehen. Migrant*innen und Geflüchtete brauchen ebenso wie Einheimische einen offenen, unkomplizierten Zugang zu Bildung, auch jenseits beruflicher Weiterentwicklung.

Wer in Deutschland lebt, soll das gleiche Recht auf soziale Sicherheit genießen. Niemand soll unter ein menschenwürdiges Existenzminimum fallen können. Niemandem soll sozialer Aufstieg unmöglich gemacht werden, schon gar nicht aufgrund der sozialen oder geographischen Herkunft. Die Abschottung zwischen sozialen Milieus, die die Angleichung der Lebensverhältnisse verhindert und den sozialen Frieden gefährdet, darf durch den Staat nicht weiter zementiert, ihr muss entgegengewirkt werden. Das fängt dabei an, dass Menschen nicht in Lager und zentrale Aufnahmeeinrichtungen gepfercht werden dürfen, sondern sich ihren Wohnort selbst aussuchen können. Dazu gehört aber ebenso, sozialen Wohnungsbau auch in den Vierteln derjenigen zu betreiben, die sich Anwälte und Gutachter leisten können.

Eine neue Sprache, eine andere Kultur, ein unvertrautes politisches System oder auch nur den deutschen Behördendschungel allein kennenlernen zu müssen, erschwert nicht nur die Integration in eine Gesellschaft, sondern vor allem den Alltag. Um über diese Gräben Brücken zu schlagen, braucht es ganz unabhängig vom Aufenthaltsstatus flächendeckend und kostenlos Sprachkurse, politische Bildung und viele weitere Unterstützungsangebote. Viele Geflüchtete, aber auch Migrant*innen haben in ihren Herkunftsländern Not und Gewalt erlebt. Mit solchen Erfahrungen umzugehen, braucht oft psychosoziale Hilfe und Psychotherapie. Die erforderlichen Kapazitäten zu schaffen, hilft allen, die sie brauchen. Viele dieser Unterstützungsangebote werden heute bereits durch ehrenamtliche Helfer*innen ermöglicht und durch Menschen, die weit über ihre beruflichen Verpflichtungen hinausgehen: Ihr Engagement soll nicht ersetzt, sondern unterstützt werden und Anerkennung finden. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen gilt es ebenso einzubeziehen, wie die Perspektive von Selbstorganisationen von Geflüchteten.

Für all diese Probleme gibt es keine einzige Lösung von rechts: Die Rechten wollen bloß darüber bestimmen, wer unter ihrem Gesellschaftsentwurf zu leiden hat und diejenigen, die auf der falschen Seite der sozialen Schere geboren werden, bloß dorthin verbannen, wo sie die Privilegierten nicht stören. Es gibt aber eine Menge Lösungen von links. DIE LINKE will nicht darüber entscheiden, wer das Recht auf das schöne Leben haben darf und wer nicht. DIE LINKE will das schöne Leben für alle!

Um Europa keine Mauer …

„Gebt mir eure Müden, eure Armen,
Eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren,
Die elendigen Verschmähten eurer gedrängten Küsten,
Schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturm Getriebenen,
Ich erhebe mein Licht beim goldenen Tor.“
 - Auszug aus The New Colossus von Emma Lazarus

DIE LINKE hat eine klare Position zum Recht auf Asyl: Der Schutz vor Krieg, vor Verfolgung, vor unwürdiger Not ist ein Menschenrecht und kann nicht verwirkt werden. Dieses Recht auf Schutz darf nicht weiter ausgehöhlt werden, keine weiteren Vorwände erfunden werden, um Menschen entweder sterben zu lassen oder sie ihrem Tod auszuliefern.

Die Praxis, andere Länder einfach zu sicheren Drittstaaten zu erklären, lehnen wir ab. Sie wird bereits jetzt politisch missbraucht, wie an der Debatte um das offensichtlich unsichere Afghanistan deutlich wird. Sichere Drittstaaten zu benennen, geht aber auch an der bitteren Realität vorbei: Bewaffnete Konflikte weiten sich aus, die politische Lage verändert sich in vielen einstmals sicher geglaubten Ländern wie der Türkei schnell zum Schlechteren und wo die meisten Menschen oder vergleichsweise reiche Tourist*innen sicher sind, sind es Angehörige von diskriminierten Minderheiten noch lange nicht.

Wenn dieses Recht nicht nur ein leeres Versprechen, eine Selbsttäuschung über die eigene Humanität sein soll, muss es aber auch in einem fairen Verfahren eingefordert werden können. Dafür braucht es nicht Mauern oder Lager um Europa, sondern legale Einreisemöglichkeiten an den Grenzen der Europäischen Union. Eine umfassende Prüfung des Asylrechts an den EU-Außengrenzen oder in den Auslandsvertretungen der EU-Staaten ist praktisch unmöglich und für die Betroffenen nicht zumutbar. Statt Schnellverfahren braucht es personell und finanziell angemessen ausgestattete Behörden und Gerichte auf der einen Seite und das unbedingte Recht auf einen Rechtsbeistand und einen Dolmetscher auf der anderen Seite. Darüber hinaus verhindert die Drittstaatenregelung, dass sich Geflüchtete innerhalb der Europäischen Union sinnvoll, nämlich entsprechend ihrer eigenen Bedürfnisse verteilen können, statt in den ärmsten EU-Staaten bleiben zu müssen. Mit der Drittstaatenregelung bleibt das Asylrecht mancher EU-Staaten für die meisten Geflüchteten ein leeres Versprechen.

Dass viele Einschränkungen der Rechte von Geflüchteten, wie die Praxis der sicheren Drittstaaten seit den neunziger Jahren oder die sinnlose Schikane beim Familiennachzug heute, als direkte Reaktion auf Brandanschläge von Neonazis und Rassist*innen eingeführt wurden, ist ein beschämendes Einknicken im Angesicht von rechtem Terror. Unsere Demokratie, ja unser Verständnis von Menschenrechten hat sich damit erpressbar gemacht – gerade von denjenigen, gegen die es verteidigt werden muss. Statt rechten Terror mit Abschiebungen zu belohnen, sollen diejenigen, die Opfer rechter Gewalt werden, ein unbedingtes Bleiberecht erhalten. DIE LINKE sagt: Kein Fußbreit den Faschisten!

Das bürgerliche Verständnis dessen, wovor Menschen ein Recht auf Schutz genießen, gilt es zu verteidigen bzw. wiederherzustellen. Das geht uns aber nicht weit genug: Als Linke wissen wir, dass die Folgen des Kapitalismus, Armut und unwürdiges Elend, nicht weniger tödlich sind als Krieg und Verfolgung. Oft genug bedingen sie einander. Das Grundgesetz muss das Recht auf Asyl daher allen einräumen, die vor Krieg, Verfolgung oder unwürdigem Elend fliehen. Niemanden solchen Zuständen auszuliefern, heißt gerade einmal, sich nicht mitschuldig zu machen.

… Bleiberecht für alle und auf Dauer!

„Die Kongreßresolution fordert also die völlige Gleichstellung der Ausländer mit den Inländern - auch in Bezug auf das Recht zum Aufenthalt im Inlande. Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung! - Karl Liebknecht

Linke Einwanderungspolitik erkennt aber nicht nur das individuelle Recht auf Asyl an, sondern auch das individuelle Recht auf Bewegungsfreiheit über Staatsgrenzen hinweg. Wir wollen die Gleichheit jedes Menschen an Rechten und Freiheit nicht nur als hehres Versprechen vor uns hertragen, wir wollen dieses Versprechen auch einlösen. Das kann weder bedeuten, alle Menschen, die nicht zufällig in Deutschland geboren sind, auszuschließen, noch kann es bedeuten, diejenigen, die in Deutschland leben dürfen, nach willkürlichen Kriterien, nach den Bedürfnissen des Marktes oder der gerade herrschenden Politik auszuwählen: Wer in Deutschland leben will, soll das auch dürfen.

Die Suche nach Bildung, Arbeit, einem besseren oder auch nur anderen Leben, ist kein Teufelswerk, sondern ein legitimer Wunsch, dem bereits jetzt innerhalb Deutschlands und innerhalb der EU viele Millionen Menschen unbürokratisch und unproblematisch nachgehen können, indem sie aus ihren Geburtsorten und -ländern wegziehen. Dafür sollten sich weder Migrant*innen von innerhalb noch von außerhalb der EU rechtfertigen oder gar auf soziale, politische und wirtschaftliche Rechte verzichten müssen. Abschiebungen im Allgemeinen, insbesondere aber als Strafrechtsverschärfung nur für Ausländer*innen, lehnt DIE LINKE ab.

Entsprechend soll die Erlaubnis, nach Deutschland einreisen und sich hier niederlassen zu dürfen, nicht mehr der Ausnahmefall sein, dessen strenge Voraussetzungen jede*r Einzelne zu beweisen hat, sondern der Regelfall. Ausnahmen von diesem Regelfall müssen schwerwiegende außen- oder sicherheitspolitische Gründe, wie Kriegsverbrechen oder Spionage für einen anderen Staat, haben, die in jedem Einzelfall gerichtsfest nachgewiesen werden müssen. Wenn solche Gründe nicht vorliegen, sollen auch ohne Einreise- oder Niederlassungserlaubnis in Deutschland lebende Ausländer*innen nicht in der Illegalität leben müssen: Wer hier lebt, wer hier zur Schule geht, studiert, arbeitet, sich ehrenamtlich engagiert oder eine Familie hat, braucht staatlichen Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, den in Anspruch zu nehmen durch die ständige Angst vor Abschiebungen unmöglich gemacht wird.

Wer für längere Zeit in Deutschland lebt, muss ohne weitere Anforderungen einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Wer fester Teil einer Gesellschaft ist, muss auch rechtlich so behandelt werden und insbesondere politische Vertretung über das aktive und passive Wahlrecht erhalten. Wohin sich diese Gesellschaft entwickelt, geht diese Menschen an. Wer hier geboren wurde, muss auch unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Eltern alle mit der deutschen Staatsbürgerschaft verbundenen Rechte genießen, um fester Teil dieser Gesellschaft werden zu können.

Die mehrfache Staatsangehörigkeit ist kein widersprüchliches Untertanenverhältnis, sondern spiegelt das Recht der Menschen wider, mehreren Ländern gleichermaßen verbunden zu sein, nicht einen Lebensmittelpunkt zu haben, sondern viele. Sie wird damit der Lebenswirklichkeit vieler Migrant*innen besser gerecht, als sie zu zwingen, sich für ein Land entscheiden zu müssen. Und seien wir ehrlich: Wer hätte nicht gerne ein Backup-Country, falls in Deutschland der Faschismus ausbricht?