»Solidarität und Gerechtigkeit. So schaffen wir das.«

Einreicher-/innen:                                                                                

Landesvorstand

Bull, Birke (Delegierte Salzlandkreis)

Bittrich, Achim (Delegierter Halle)

Maaß, Ronald (Delegierter Anhalt-Bitterfeld)

Theil, Diana (Delegierte Burgenlandkreis)

Raczek, Veit (Delegierter Burgenlandkreis)

Hoffmann, Frank (Delegierter Dessau-Roßlau)

Knöchel, Swen (Delegierter Halle)

Hohmann, Monika (Delegierte Harz)

Schulz, Jenny (Delegierte Magdeburg)

Künzel, Sabine (Delegierte Mansfeld-Südharz)

Schindler, Jörg (Delegierter Wittenberg)

Edler, Evelyn (Delegierte LAG Städtebau und Wohnungspolitik)

Gebhardt, Stefan (Delegierter Mansfeld-Südharz)

Böttger, Janina (Delegierte Halle)

Böttcher, Marianne (Delegierte Halle)

Blasche, Mario (Delegierter Stendal)

Bahlmann, Katja (Delegierte Burgenlandkreis)

Sorge, Alexander (Kreisvorsitzender Saalekreis)

Neuweger, Helmut (Delegierter Mansfeld-Südharz)

(Text mit Zeilennummern im Download-PDF)

Nach der Landtagswahl

Unsere Ziele, unsere Arbeit, unsere Erwartungen – am 13. März 2016 hat sich nichts davon erfüllt. Trotz der Niederlage: Wir sagen all denen herzlichen Dank, die sich in einem kräftezehrenden Wahlkampf engagiert haben, an ungezählten Informationsständen, in vielfältigen Veranstaltungen. In einer Zeit der zugespitzten Auseinandersetzung, in Konfrontation mit Menschenfeindlichkeit und rechtskonservativen Denkmustern haben wir Haltung gezeigt. Unsere Kandidatinnen und Kandidaten haben zusammen mit den Kreisverbänden mit Leidenschaft und Ideen gekämpft. Wir danken den vielen älteren Genossinnen und Genossen, die oft an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gehen. Wir danken dem Jugendverband, der sich selbstorganisiert und mit eigenen Kampagnenelementen engagiert hat. Wir bedanken uns vor allem bei unserem Spitzenkandidaten Wulf Gallert für einen angriffslustigen und argumentationsstarken Wahlkampf, der ihm und uns viel Anerkennung und Interesse gebracht hat. Ausdrücklich gilt unser Dank den Genossinnen und Genossen aus den Landesverbänden Sachsen, Brandenburg und Berlin, die uns enorm unterstützt haben.

Wir haben diese Wahl verloren – in mehrfacher Hinsicht. Der notwendige Politikwechsel einer Reformpolitik für Solidarität, Humanität und soziale Gerechtigkeit in Sachsen-Anhalt kann durch uns nicht umgesetzt werden. Die Fraktion ist mit 16 Sitzen die kleinste, die wir seit 1994 im Landtag von Sachsen-Anhalt stellen konnten. Ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis ist in weite Ferne gerückt. In Sachsen-Anhalt hat sich die Hoffnung, den nächsten LINKEN Ministerpräsidenten zu stellen, zerschlagen. Wir haben im Vergleich zu 2011 ca. 52 Tausend Wählerinnen und Wähler verloren. Nichtwählerinnen und -wähler haben wir nicht nennenswert dazugewonnen. Auch die Stimmen vieler Benachteiligter, Enttäuschter und Ausgegrenzter, insbesondere von Arbeiterinnen, Arbeitern und Erwerbslosen haben wir verloren. Eine neue rechtspopulistische Partei – die AfD – erreicht in Sachsen-Anhalt ihr bisher stärkstes Wahlergebnis. Es ist unsere erste große Wahlniederlage auf Landesebene. Es ist eine Niederlage für Weltoffenheit, Demokratie und Gerechtigkeit. Es ist eine vertane Chance für einen Politikwechsel, für ein Land zum Leben und zum Bleiben. 

Die drei Landtagswahlen am 13. März 2016 haben die politische Landkarte verschoben. In allen drei Ländern ist der amtierende Ministerpräsident bestätigt worden. In allen drei Ländern müssen die Regierungskoalitionen dennoch neu konstruiert werden. Ehemals »Große Koalitionen« erreichen nicht mehr die absolute Mehrheit. DIE LINKE konnte nicht in die Landtage von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einziehen. Bundesweit sind SPD, GRÜNE und FDP in einem entstehenden 6-Parteiensystem nun potenzielle Koalitionspartner der CDU. 

Die rechtspopulistische Partei AfD verändert die politischen Kräfteverhältnisse in der Bundesrepublik grundlegend. Das politische Spektrum verschiebt sich deutlich nach rechts. Protest richtet sich gegen Zuwanderung und gegen Flüchtlinge selbst. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist nicht mehr demokratisch eingebunden und hat das Vertrauen in die demokratische Einflussnahme verloren. Diese Vertrauenskrise richtete sich in der konkreten Situation vielfach gegen Zuwanderung und Flüchtlinge selbst. Am Für und Wider von Zuwanderung und Menschlichkeit richten sich die politischen Pole quer durch die politischen Lager aus. Die etablierten Parteien, auch DIE LINKE, werden mit Ausnahme der CSU als Pro-Flüchtlingsparteien gesehen. Gegnerschaft zu diesem Kurs hat nur einen Adressaten im bundesweiten Parteienspektrum – die AfD. Diese klare Frontstellung katapultierte diese Partei in weitere drei Landtage und verbessert ihre strategische Ausgangslage für die kommende Bundestagswahl. 

Seit langem wissen wir, wie stark menschenfeindliche und chauvinistische Ansichten in der Mitte der Gesellschaft verankert sind. Die Zustimmung für die AfD macht diese Haltungen im Parteienspektrum sichtbar. Neu ist hier die Stärke der Zustimmung. Neu ist, dass sicher geglaubte Mehrheiten und demokratische Übereinkünfte bröckeln. Viele Wählerinnen und Wähler haben der AfD ihre Stimme gegeben, und zwar im Wissen um deren rassistische Argumentation. Eine Politik der Ausgrenzung und Zurückweisung von Flüchtlingen ist entweder in Kauf genommen oder aber bewusst gewollt und gewählt worden. Das Tabu kann gebrochen werden, vielfach ohne mit Entrüstung rechnen zu müssen. Dieser Geist geht nicht mehr in die Flasche zurück. Die AfD ist nicht nur, aber auch ein Abbild der PEGIDA im Parlament. Ihre Absicht ist es, parlamentarische Demokratie in Misskredit zu bringen, vermeintlich etablierte Politik lediglich zu stören, aber gleichzeitig eben auch Zuwanderung und einer menschlichen Flüchtlings- und Integrationspolitik eine Absage zu erteilen. Unzufriedenheit erhält eine Stimme von rechts, gewonnen zu einem beachtlichen Teil aus der Nichtwählerschaft.

Es bleibt dabei: Menschlichkeit ist ohne Alternative!

Ein unverhandelbarer Grundsatz ist und bleibt für uns als linke Partei, Menschen auf der Flucht vor Kriegen, vor Verfolgung und Ausgrenzung, vor Armut und Perspektivlosigkeit eine sichere Zuflucht zu geben. Eine weltoffene Gesellschaft ist für uns eine Frage von Menschlichkeit und Zukunft, für jede und jeden einzelnen, für das soziale Zusammenleben wie für das Land insgesamt. Aus der Debatte um die Aufnahme von Geflüchteten wird und muss eine Integrationsdebatte werden, und zwar ohne autoritäre Geste. Nicht Drohgebärden entscheiden über den Zusammenhalt einer Gesellschaft, sondern gute Lebensperspektiven für alle. Eine Verschärfung der Asylpolitik und des Aufenthaltsrechts lehnen wir ab. Wir werden unsere konkreten politischen Forderungen und Konzepte für eine gelingende Integration dagegensetzen.

Unser Engagement im Parlament, in Bündnissen und Initiativen, an der Seite derer, die sich für eine Willkommenskultur einsetzen, werden wir verstärken. Wir werden Projekte und Initiativen unterstützen, die alltägliche persönliche Erfahrungen, Begegnung, Austausch und wertschätzende Formen der Auseinandersetzung fördern. Die Willkommensgesellschaft will auch von uns nicht nur beschworen, sondern beschrieben und gelebt werden. Wir brauchen mehr LINKE Antworten für eine gelingende Integration, mehr LINKE Strategien in Zeiten von Terror und Terrorgefahr in Europa. Die Einwanderungsgesellschaft muss sich neu aufstellen: interkulturell, demokratisch und veränderungsbereit.

In gleicher Weise werden wir auch künftig die Ursachen von Krieg und Vertreibung kritisieren und bekämpfen. Unser friedenspolitisches Engagement vor Ort, in Bürgerinitiativen und Bündnissen werden wir damit verbinden, auch die Probleme kapitalistischer Verwertungslogik und einer ungerechten Weltwirtschaftspolitik in der öffentlichen Debatte zu kritisieren. Kriegerische Auseinandersetzungen und Interventionen dürfen kein Mittel der Politik sein. Sie lösen kein Problem, sondern sind Teil dessen.

Soziale Gerechtigkeit für alle!

Der Zorn vieler Menschen über erfahrene Ungerechtigkeit hat viele reale Hintergründe. Dazu gehört die Erfahrung von Erwerbslosigkeit, Strukturabbau und Abwanderung. Dazu gehört der andauernde Personalabbau in Schulen, die steigenden Beiträge für die Betreuung in der Kindertagesstätte, der sichtbare Investitionsstau in Kitas, Schulen und Universitäten, in Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen und nicht zuletzt die immer noch bestehende Rentenungerechtigkeit zwischen Ost und West. Der Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge war und ist auch ohne Flüchtlinge gefährdet worden. Notwendige Investitionen in Personal und öffentliche Infrastruktur sind in den letzten zehn Jahren ausgeblieben. Deren Folgen nehmen Menschen nun bewusst wahr. In der hohen Zustimmung für die AfD zeigt sich aber ebenso eine beachtliche Zustimmung für politische Vorstellungen, die in Missgunst und Neid, in besonderem Maße gegenüber Zugewanderten, münden. Es ist das Konzept einer rassistischen und egoistischen Ellenbogengesellschaft. 

Unser Verständnis von sozialer Gerechtigkeit gilt dagegen allen hier lebenden Menschen, den einheimischen wie den zugewanderten, Frauen und Männern, jungen und alten, jeder und jedem Einzelnen. Wir werden an der Seite derjenigen stehen, die sich vermeintlicher sozialer Gerechtigkeit auf Kosten Schwächerer widersetzen, die frei entscheiden wollen, mit wem und wie sie leben und Familien gründen wollen. Wir fordern Gerechtigkeit, wo andere Sündenböcke konstruieren. Wir wollen selbstbestimmte Menschen, selbstbestimmte Kunst und Kultur – statt Angst, Engstirnigkeit und Dogmatismus.

Gegen das Ausspielen Schwacher gegen vermeintlich Schwächere setzen wir Solidarität und Gerechtigkeit. Wir werden Lautsprecher der Verteilungsgerechtigkeit bleiben. Mit dem 5 x 5 Milliarden Investitionsprogramm hat die Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag konkrete Vorschläge unterbreitet. Eine Aufstockung der Zuweisungen an die Kommunen ist unsere Forderung seit vielen Jahren. Es bleibt dabei: Wir brauchen einen neuen auskömmlichen kommunalen Finanzausgleich.

Wir brauchen mehr statt immer weniger Personal im öffentlichen Dienst, in Schulen und Kindertagesstätten ebenso wie für die Öffentliche Sicherheit.

Gleichzeitig brauchen wir mehr Qualität in der Bildung, einen neuen Blick auf das, was wir alle gemeinsam durch Einwanderung gewinnen können. Kunst und Kultur sind Ankerpunkte, die bisherige Kürzungspolitik hat Substanz angegriffen und Perspektiven zerstört. Hier darf nicht weiter gekürzt werden, schon eine tarifgerechte Bezahlung überall erfordert mehr Geld. Dies gilt ebenso für Demokratieprojekte, entsprechende Bildungsarbeit und Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt. Sie alle brauchen Planungssicherheit und auskömmliche Arbeitsbedingungen. Wir werden weiter darauf dringen, dass Eltern bei den Kita-Beiträgen spürbar entlastet werden. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird insbesondere in diesen Feldern weiter Druck auf die Landesregierung und in der Bundespolitik ausüben.  

Linke Opposition mit neuen Herausforderungen

DIE LINKE. Sachsen-Anhalt hat einen klaren Auftrag zur Arbeit als Opposition im Landtag erhalten. Unser Wahlprogramm 2016 bleibt dafür unser Leitfaden.

Unsere Aufgabe gemeinsam mit der neu gewählten Landtagsfraktion ist es, moderne linke Visionen und Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen, die über die Dauer der Legislaturperiode hinausgehen. Wir wollen anknüpfen an die Potenziale Sachsen-Anhalts und zeigen, wie sie im Interesse eines solidarischen Zusammenlebens genutzt werden könnten – für ein Land zum Leben, für ein Land zum Bleiben. Wir werden auch künftig Verbündete sein gegen Schulschließungen, gegen eine Förderung von Niedriglohnunternehmen, gegen eine Fortsetzung des Personalabbaus in Schulen und bei der Polizei oder in Bündnissen gegen Sozialabbau und gegen Massentierhaltung. 

Im Landtag werden wir einem Regierungsbündnis gegenüberstehen, das zunächst mit einem sehr kleinen gemeinsamen politischen Nenner arbeiten muss. Wir werden politische Alternativen zum Kurs der Landesregierung aufzeigen und verteidigen. Dabei werden wir vor schwierigen Herausforderungen stehen. Neue politische Schnittmengen vor allem im Zusammenspiel zwischen CDU und BÜNDNISGRÜNEN werden sich entwickeln. Beide Parteien sammeln weitere Erfahrungen gemeinsamer Machtoptionen. Die SPD hat ihre Glaubwürdigkeit verloren, verlässliche Partnerin für eine soziale und solidarische Gesellschaft zu sein. Der Weg der AGENDA 2010 war der Beginn eines großen Vertrauensverlustes. Auch in der vergangenen Wahlperiode war sie Akteurin einer Politik der Kürzung und des Sozialabbaus. Es bleibt abzuwarten, ob es beiden Parteien gelingt, als schwache Regierungspartner ernst zu nehmende Akzente eines Wandels zu setzen. Langfristig bleiben SPD und GRÜNE potenzielle Verbündete für einen Politikwechsel. Diese Türen offenzuhalten heißt nicht, auf eine wirkungsvolle Kritik der Politik der jetzigen Regierung zu verzichten und den Streit zu scheuen.

Die Auseinandersetzung mit rassistischen und autoritären Erklärungsmustern werden wir mit demokratischen Mitteln führen, inner- und außerhalb des Parlaments und der kommunalen Vertretungen. Das ist eine Aufgabe aller Genossinnen und Genossen. In den Basisorganisationen, in den Gremien, Arbeitsgemeinschaften und landesweiten Zusammenschlüssen werden wir Vorschläge und Strategien erarbeiten, um rechtskonservativer Politik eine aufgeklärte demokratische und weltoffene Argumentation entgegenzusetzen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD, in welcher Form auch immer, in welchen Gremien auch immer, kommt für uns nicht in Frage. 

Neue strategische Fragen diskutieren

Protest ist Teil der politischen Auseinandersetzung aller Parteien. Dennoch gehörte und gehört der Widerstand gegen angepasste und eigennützige Politik, einzig für die Interessen von Eliten, in besonderer Weise zum Agieren der LINKEN. Es wird unsere Aufgabe sein, Formen und Begründungen für politischen Widerstand demokratisch herzuleiten. Demokratie ist für uns weit mehr als die Abstimmung über politische Entscheidungen. Wir verstehen darunter vor allem die Transparenz der politischen Entscheidungswege ebenso wie die Übersetzung gegebenenfalls komplizierter Zusammenhänge in eine verständliche Sprache. Uns ist es wichtig, den demokratischen Dialog mit allen Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, auch mit denjenigen, die nicht sprachgewaltig und bildungsstark über ausreichende Möglichkeiten für Beteiligung verfügen. Unser Anliegen ist es nicht, parlamentarische Demokratie selbst in Misskredit zu bringen, sondern sie mit sehr viel mehr Möglichkeiten direkter Teilhabe bereits auf dem Weg zu Entscheidungen zu verbinden. Die Arbeit des Landtages ist für uns nicht reduzierbar auf eine mediale öffentlichkeitswirksame Bühne der Propaganda. Parlamentarische Arbeit heißt für uns auch Auseinandersetzung in der Sache, verbunden mit Sachverstand und politischem Gespür. 

Auch in der Rolle einer starken linken Opposition muss es uns gelingen, unsere Gestaltungskompetenz weiter unter Beweis zu stellen. Dabei geht es nicht um ein Agieren als Regierung im Wartestand. In linker Opposition stark zu sein, heißt  für uns auch, durch längerfristige linke Visionen erkennbar zu bleiben. Der Anspruch bleibt, unsere Forderungen und Vorschläge anschlussfähig an das zu gestalten, was Menschen in ihrem konkreten Lebensumfeld umtreibt. Ihre Bedürfnisse aufzugreifen, zur Sprache zu bringen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. 

Mit Blick auf die zurückgehende Zustimmung für DIE LINKE bei Wahlen im Osten und die gleichbleibende Schwäche der Partei im Westen brauchen wir eine gesamtparteiliche Debatte um Themenfelder, um unsere Art und Weise der Kommunikation und um Vorstellungen und Bilder, die Bürgerinnen und Bürger von unserer Politik und unserer Partei haben. Seit vielen Jahren schwindet auch die Zustimmung für ein Mitte-Links-Lager bei Wahlen. Ebenso gravierend wie die sinkende Zustimmung ist unsere fehlende Anziehungskraft bei den Nichtwählerinnen und Nichtwählern. Dies ist für unsere Partei sowohl aus demokratischen als auch aus sozialen Gründen existenziell. Deshalb werden wir diskutieren, aus welchen Gründen es uns in den letzten Jahren nicht gelungen ist, mit unseren Alternativen zu gewinnen. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass gemeinsam gewonnene Erfahrungen von Protest und solidarischer Unterstützung diese Menschen wieder in den demokratischen Prozess einbinden sowie politische Alternativen mit ihnen und für sie wieder denk- und durchsetzbar sein können. Wir werden deshalb intensiv über neue Formen sozialer Mobilisierung, kollektiver Organisierung und Selbstermächtigung diskutieren. Es geht um nichts Geringeres als die Rückerlangung von politischem Einfluss bei Enttäuschten, bei sozial Ausgeschlossenen und vor allem bei den zwischen solidarischen und egoistischen Handlungsmustern Schwankenden. Wir brauchen in unserer Partei grundsätzliche Überlegungen darüber, warum DIE LINKE auch dann für immer weniger Menschen eine Alternative ist, wenn sie unsere Grundwerte von Menschlichkeit, Demokratie, Solidarität und Gerechtigkeit im Grunde teilen. 

Einen politischen Aufbruch organisieren

Durch das Wahlergebnis muss der Landesverband – ebenso wie die Landtagsfraktion – angesichts des starken Verlustes an Ressourcen und Kompetenzen die politische Arbeit neu gestalten. 

Wir bleiben sicht- und ansprechbar. Die Landes- und Regionalgeschäftsstellen bleiben das Grundgerüst unserer räumlichen Präsenz. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben unverzichtbar für die Gestaltung unserer Aktionsfähigkeit in den Regionen. Wir setzen auf eine gute und zugleich ressourcensparende Kooperation zwischen den Wahlkreisbüros der neu gewählten Abgeordneten, den Geschäftsstellen der Partei und den Büros kommunaler Mandatsträger. Wir müssen vielfältige neue Veranstaltungs- und Gesprächsformate gestalten, um ansprechbar zu sein, insbesondere für Menschen, die von Ausgrenzung und Armut an Ressourcen betroffen sind.  

Dazu gehören offene Büros, die Mitgliedschaft und Sympathisierende gleichermaßen erreichen und der Jugendverbandsarbeit Raum geben. Wir brauchen soziale Orte, in denen wir logistische Hilfe für Stadtteilarbeit, antirassistisches Engagement oder Soziokultur anbieten können und wollen. 

Der Jugendverband ist für uns eine Schnittstelle zwischen Mitgliedschaft und dem Engagement junger Menschen, die sich nicht in die Verbindlichkeit einer Partei bewegen möchten. Ein solcher Anspruch kann nicht nur verkündet, sondern muss auch gelebt werden. Es braucht den Respekt und die Wertschätzung gegenüber dem Ausprobieren von praktischer Politik und ungewöhnlichen Ideen, gegenüber den Vorschlägen junger Menschen oder gegenüber anderen Formen der Kommunikation. Gewinnen können und werden wir dabei alle.

Wir werden ein linkes Kompetenznetzwerk einrichten. Expertinnen und Experten, die in den vergangenen Jahren das Profil unserer Partei bestimmt haben, wollen wir ebenso in die Gestaltung neuer politischer Strategien und inhaltlicher Schwerpunkte einbinden wie Menschen, die in besonderer Weise an uns interessiert sind. 

Trotz des schwierigen Wahlkampfes, der auch geprägt war von Anfeindungen im Zeichen der Flüchtlingspolitik, haben wir auch Vertrauen bei jenen gewonnen, die mit uns in lokalen Bündnissen für eine humane Flüchtlingspolitik kämpfen. Und wir haben neue Mitglieder gewonnen. Diese sind ein Pfund für uns in den kommenden Jahren. Unsere Partei soll Raum ihrer politischen Aktivität und Kreativität sein.

Wir brauchen neue Ideen, um Mitglieder nicht nur gewinnen, sondern auch halten zu können.

Für neue wie für gestandene Mitglieder muss ein Klima der Wertschätzung und des Aufeinanderzugehens erlebbar sein. Auch für uns selbst brauchen wir sehr viel mehr Strategien eines konstruktiven Konfliktmanagements. 

Aus der Niederlage wollen wir gestärkt hervorgehen. Durchaus in einer Art und Weise der Nachdenklichkeit, aber auch mit Kraft und Zuversicht. DIE LINKE wird gebraucht. DIE LINKE wird sich der gesellschaftlichen Auseinandersetzung stellen. Zusammen werden wir die nächsten Landtagswahlen und die Bundestagswahl vorbereiten. 

Der 1. Mai – der Tag der Arbeit – ist ein erster Höhepunkt für unser politisches Handeln nach der Landtagswahl. Für gute Arbeit und gute Löhne, für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Mitbestimmung, und zwar für alle Menschen. Das muss drin sein! 

Wir treten an als starke linke Kraft, auf der Straße, in Bündnissen, in Vereinen und Verbänden, im Parlament und darüber hinaus. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger, als das Land verbessern, in dem wir seine Potenziale nutzen und Menschen die Möglichkeit geben, selbstbestimmt Politik zu gestalten, sich einzubringen und mitzuentscheiden.

Mit Solidarität und Gerechtigkeit. So schaffen wir das.

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