Dringlichkeitsantrag des Landesvorstandes

(Beschluss der 1. Tagung des 4. Landesparteitages am 12. Oktober 2013)


 

100 Prozent sozial – auch nach der Wahl!


DIE LINKE bleibt – mit einem achtbaren Ergebnis im Bund sowie in Hessen. Mit 8,6 Prozent ist DIE LINKE in den Bundestag eingezogen, eine starke Fraktion dort ist für die gesamte Partei von Bedeutung, sie kann Kompetenzen erarbeiten, eine breite Öffentlichkeit und Kontakte erschließen. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt hat mit 23,9 Prozent das beste Zweitstimmenergebnis im Ländervergleich unserer Partei erzielt. Dennoch liegt dieses Resultat hinter unseren Erwartungen. Wir haben gegenüber dem Ergebnis 2009 absolut etwas mehr als ein Viertel unserer Stimmen verloren. Dennoch, in den vergangenen anderthalb Jahren haben wir uns stabilisiert. Wir haben gelernt, die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen und politische Kontroversen produktiv und sachlich auszutragen. Dies verdanken wir einer gemeinsamen Kraftanstrengung im Wahlkampf – geschlossen, leidenschaftlich und kreativ.


Die Frage nach politischen Alternativen stellt sich seit dem 22. September genau so dringend wie vor der Wahl. SPD, LINKE und GRÜNE könnten zusammen eine alternative Regierungsmehrheit bilden. Dennoch wird Angela Merkel die nächste Regierung führen – die CDU hat nur knapp die absolute Mehrheit verfehlt, dafür ist ihr die marktradikale FDP als Koalitionspartner abhanden gekommen. In Zeiten der Unsicherheit fehlt der Mut für den politischen Wechsel – Angela Merkel hat die Wahl gewonnen mit dem diffusen Sicherheitsversprechen, die Krise rücke nicht weiter an Deutschland heran. Viele Wählerinnen und Wählern haben in Zeiten der Unruhe auf die Konstante der Bundeskanzlerin gesetzt. Und viele Nichtwählerinnen und Nichtwähler haben aufgegeben, so wie die Politik sie, oder sie haben im nationalistischen Kurs der Alternative für Deutschland ein Ventil für Protest gefunden. 


Ein wirklicher Politikwechsel – für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, der vor Altersarmut schützt, für eine auskömmliche finanzielle Ausstattung der Kommunen, eine gerechte Steuerpolitik, ein der vielfältigen Realität zugewandtes Familienbild – ist nicht zu erwarten. Vieles von dem, worum die SPD und ebenso die GRÜNEN im Wahlkampf gerungen haben, was auch von LINKEN Unterstützung erfährt, würde in einer künftigen Koalition mit der CDU geopfert. Eingemauert haben sich SPD und GRÜNE vor der Wahl – genauso viel Kraft wie in den Antimerkel-Wahlkampf wurde in die Ausgrenzung der LINKEN investiert. Diese Strategie ist gescheitert. Notwendig ist hier ein Umdenken: Für ein Bündnis des sozialen Fortschritts, für mehr Demokratie, für öffentliche Investitionen, für eine sozial-ökologische Modernisierung und eine Überwindung von Krieg als Mittel der Außenpolitik. Wir stehen dafür bereit – in den Schritten kompromissfähig, aber in der Richtung konsequent.


Stattdessen liegen vor uns weitere Jahre sozialer Schieflage. Sozialer Ausgleich erfordert soziales Umverteilen. Die CDU hat sich im Wahlkampf dieser Logik verweigert. Die Lebenslüge neoliberaler Finanzpolitik gibt vor, Steuersenkungen würden sich quasi durch wirtschaftliches Wachstum selbst refinanzieren. Die Lebenswirklichkeit vieler Menschen zeigt dagegen anderes: Auf der einen Seite stehen Rekordgewinne in der Wirtschaft, insbesondere bei großen Unternehmen. Auf der anderen Seite arbeitet in Deutschland fast ein Viertel der Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Vor allem in den neuen Bundesländern zeigt sich diese Entwicklung noch einmal dramatischer. Die Ungleichheit der Löhne ist spätestens seit den so genannten Sozialreformen der Hartz-Gesetze immer weiter voran-geschritten. Die Entlastung Vermögender und großer Unternehmen ist immer wieder durch den Abbau von sozialen Leistungen und durch die abhängig Beschäftigten bezahlt worden.



Die Landesregierung von CDU und SPD folgt diesem Spardiktat


Das politische Profil von SPD und CDU in Sachsen-Anhalt beschränkt sich auf einen rigiden Kürzungskurs – für beide nicht nur notwendiges Übel sondern im Grunde akzeptierte politische Strategie. Politisches Engagement, die prekäre finanzielle Ausstattung des Haushaltes der Länder und der Kommunen zu verbessern, ist weder in der Landesregierung noch in den Koalitionsparteien erkennbar. 


Die Koalitionsparteien bedienen einen Mechanismus der sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Die mittelfristige finanzielle Entwicklung wird durch überzogen schlechte Kennziffern wie z.B. die prognostizierten Abwanderungszahlen dramatisiert. Die Potenziale künftigen wirtschaftlichen Wachstums und damit steigender eigener Steuereinnahmen bleiben unberücksichtigt. Durch ein negatives Zukunftsszenario werden politische Entscheidungen vorangetrieben, in deren Folge sich die schlechten Prognosen quasi von selbst erfüllen. Vor allem zu Lasten von Zukunftspotenzialen unseres Landes soll gekürzt werden: in den Schulen, den Hochschulen, in der Wissenschaft. Der kulturelle Reichtum wird empfindlich beschnitten. Für Kinder, für Jugendliche und für Menschen in schwierigen Lebenslagen werden viele Unterstützungsangebote gefährdet oder gar aufgekündigt.


Dieser Schrumpfungskurs gefährdet die demokratischen Grundlagen in unserem Land. Bürgerinnen und Bürger kündigen politisches Interesse und Mitbestimmung auf. Immer mehr Menschen entscheiden sich dagegen, in Sachsen-Anhalt zu arbeiten und zu leben. Dieser politische Kurs muss ausgebremst werden. Eine andere Politik ist möglich!



Protest und Widerspruch sind nötig!


Die Mehrheit der Sachsen-AnhalterInnen ist mit dieser Politik der Landesregierung unzufrieden. Studierende, WissenschaftlerInnen, Kulturschaffende und Menschen, die von den sozialen Kürzungen betroffen sein werden, haben begonnen, ihrem Unmut eine lautstarke Stimme zu geben. Gemeinsam mit den Gewerkschaften, den Interessenverbänden von Kindern und Jugendlichen und den Wohlfahrtsverbänden wollen sie nicht hinnehmen, auf das Mittelmaß anderer Bundesländer zurück geworfen zu werden. DIE LINKE unterstützt diese Proteste engagiert und konsequent.



DIE LINKE wirkt: Als stärkste Oppositionspartei für Alternativen streiten!


Mit einer Neuauflage einer CDU-geführten Koalition nach der Bundestagswahl wird eine substanzielle Verbesserung der finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte nicht zu erwarten sein. 


DIE LINKE bleibt dabei: Für einen Zugewinn an politischer und demokratischer Gestaltungsfähigkeit im Sinne einer sozial-ökologisch nachhaltigen Gesellschaft braucht es eine grundsätzlich andere, eine gerechte Steuerpolitik und ein solidarisches Finanzierungssystem für die Länder und Kommunen. Wir fordern einen neuen Solidarpakt III, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von prekären Regionen in Ost und West voranzubringen.


Die langfristig notwendige Bewältigung der finanziellen Schwierigkeiten des Landes darf nicht die Substanz unseres Zukunftspotenzials zerstören, die Entwicklungs-potenziale für Kinder und Jugendliche einschränken und die Unterstützung für Menschen in schwierigen Lebenslagen gefährden. 


Deshalb haben wir der SPD in Sachsen-Anhalt in den Haushaltsberatungen angeboten, im Interesse der Verantwortung für unser Land und dessen Zukunftspotenziale, andere politische Mehrheiten gemeinsam mit der LINKEN zu ermöglichen. Ein Richtungswechsel ist möglich und notwendig.

DIE LINKE in Sachsen-Anhalt wird sich deshalb mit all ihrem politischen Gewicht dafür einsetzen, dass die für 2014 geplanten Einschnitte bei der finanziellen Förderung der Hochschulen des Landes und der Theater- und Orchesterlandschaft verhindert werden. Einer Diskussion über neue Kooperationspotenziale und Strukturen innerhalb und zwischen den Hochschulen Sachsen-Anhalts verschließen wir uns nicht, eine Vorgabe finanzieller Einsparungen dagegen lehnen wir ab. 


Den Abbau der Landesförderung für die Kinder- und Jugendarbeit akzeptieren wir nicht. Sie sind das falsche Signal für ein kinder- und familienfreundliches Land, was sich darum bemüht, das Leben und Arbeiten in diesem Land attraktiv zu gestalten. Auch die Kürzungen der Unterstützungsleistungen des Landes für blinde oder gehörlose Menschen lehnen wir ab. Mit einer solchen nahezu symbolischen Kürzung ist das Problem der Haushaltskonsolidierung nicht einmal im Entferntesten lösbar. Den Betroffenen hingegen entzieht es dringend nötige finanzielle Mittel, um ihre Lebensqualität spürbar zu verbessern.


Zu einem Politikwechsel gehört für DIE LINKE in Sachsen-Anhalt: der Wissenschaft und der akademischen Ausbildung eine verlässliche Perspektive zu bieten, dem notwendigen sozial-ökologischen Umbau einen Weg zu bahnen, mehr Chancen-gleichheit für alle Kinder in der Kita und in der Schule zu ermöglichen und die landespolitischen Gestaltungsmöglichkeiten für bessere Arbeits- und Einkommens-verhältnisse sehr viel konsequenter zu nutzen. 


Mit einem Politikwechsel wäre es auch möglich, den Druck für mehr Steuer-gerechtigkeit und eine substanzielle Verbesserung der finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte und für eine sozial gerechte Gestaltung der Energiewende deutlich zu erhöhen.


Im Interesse eines Kurswechsels werden wir gemeinsam mit BündnispartnerInnen in den Gewerkschaften, den Vereinen und Verbänden, den Kulturschaffenden und den von den Kürzungen betroffenen Menschen selbst den Druck auf SPD und CDU erhöhen – im Parlament und auf der Straße. Als stärkste Oppositionspartei kämpfen wir für Alternativen: in der Europapolitik, im Land und in den Kommunen. Eine starke LINKE im Deutschen Bundestag ist eine starke Stimme für mögliche und notwendige Veränderungen.


Es bleibt dabei: DIE LINKE streitet für ein sozial gerechtes, zukunftsfähiges und demokratisch gestaltetes Gemeinwesen – bundesweit, in den Ländern und bei den Kommunal- und Europawahlen 2014.