Asylgipfel – Zweifelhafte Ankündigungen und kein Plan

Zum heutigen Asylgipfel der Landesregierung erklärt die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Henriette Quade: Die meisten Fragen bleiben offen. Laut Auskunft der Landesregierung plant das BAMF ab März zu einem so schnellen Entscheidungstakt zu gelangen, dass innerhalb von wenigen Tagen über die vor Ort in Halberstadt gestellten Anträge entschieden werden kann.

Zum heutigen Asylgipfel der Landesregierung erklärt die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Henriette Quade: Die meisten Fragen bleiben offen. Laut Auskunft der Landesregierung plant das BAMF ab März zu einem so schnellen Entscheidungstakt zu gelangen, dass innerhalb von wenigen Tagen über die vor Ort in Halberstadt gestellten Anträge entschieden werden kann. 

Die Landesregierung beabsichtigt nun ihrerseits, dass künftig nur noch anerkannte Asylbewerber bzw. Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt werden sollen. 

Das bedeutet für diejenigen, die aus Logik des BAMF nicht zu den eindeutig zu entscheidenden Fällen gehören, eine Verlängerung des Aufenthaltes in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das ist mit enormen Härten verbunden, bedeutet insbesondere für Kinder Defizite bei der Betreuung und kindgerechten Förderung und erschwert den Zugang zu unabhängigen selbstgewählten Beratungsstellen und Unterstützungsnetzwerken. Für die Kommunen würde die plötzliche Umstellung auf ein solches Verfahren gleichzeitig zu massiven Problemen führen. In den vergangenen Monaten (bis Dezember) lag der Ehrgeiz der Landesregierung ausschließlich darin, die Angekommenen so schnell wie möglich auf die Kreise zu verteilen. Mit großem Aufwand haben sich die Kommunen auf diese Situation eingestellt, sind in finanzielle Vorleistungen gegangen und haben Unterkünfte erschlossen, Personal eingestellt und Verträge geschlossen. 

Einerseits bekommen die Kreise also diese Woche neue Asylsuchende zugewiesen, gleichzeitig wird ihnen aber signalisiert, dass künftig nur noch Wohnungen gebraucht werden. Ob die Erstaufnahmekapazitäten des Landes ein solches Verfahren überhaupt zulassen würden, bleibt derweil unklar: Derzeit werden keine neuen Unterkünfte als Landeserstaufnahmeeinrichtungen mehr gesucht und erschlossen. Zentraler Bestandteil der Überlegungen der Landesregierung ist zudem ein noch nicht existentes und aus Sicht der LINKEN politisch hochproblematisches und rechtlich fragwürdiges Gesetz - die Wohnraumzuweisung für anerkannte Flüchtlinge, die derzeit auf Bundesebene diskutiert wird. 

Die Kommunen haben damit keinerlei Planungssicherheit, zumal es mehr als fraglich ist, ob und wann ein solches Verfahren tatsächlich innerhalb der genannten Zeitläufe etabliert werden wird. 

Statt mit einem Vorschlag für ein Unterbringungs- und Wohnraumkonzept, vor allem aber mit einem Konzept für die jetzt dringend notwendigen Integrationsangebote wie Sprachkurse ohne lange Wartezeiten, Qualifikationsfeststellungen, Orientierung und Unterstützung bei der Vermittlung von Arbeitsmöglichkeiten und Qualifizierungsmaßnahmen, Ausbildungsstellen und ein Konzept zur dezentralen sozialen Betreuung in den Kommunen bzw. zur Finanzierung dieser vorzulegen, zielen die Überlegungen der Landesregierung scheinbar im Wesentlichen auf Restriktionen und bleiben zugleich vage. Nebenher verkündet der Sozialminister zudem, dass er gar nicht mehr wisse, ob er das Ziel einer Gesundheitskarte für Asylsuchende überhaupt noch verfolgen will. 

Der angekündigte neue Entscheidungstakt des BAMF macht einmal mehr deutlich: Sachsen-Anhalt muss sich darauf einstellen, in den Wettbewerb zu treten und alles dafür zu tun, damit Menschen, die hier angekommen sind, auch hier bleiben wollen. Restriktionen werden dabei nicht helfen. 

Mit Blick auf ein staatliches Steuerungsinteresse sind eine Wohnraumzuweisung bzw. die Wiedereinführung der Residenzpflicht vielleicht noch nachvollziehbar. Mit Blick auf die Rechte, die anerkannten Flüchtlingen gemäß Genfer Flüchtlingskonvention zustehen, ist sie mehr als fragwürdig. Auch der Blick auf andere Länder, die deutlich länger Einwanderung erleben und die mit konservativer Restriktionspolitik reagierten zeigt: Restriktion führt nicht zu gewünschtem Verhalten, sie führt eher dazu, dass Menschen in die Illegalität gehen.  Das wäre ein wirkliches Problem, denn das würde tatsächlich zu Parallelgesellschaften führen. Integrationsangebote müssen den Willen, die individuellen Bedürfnisse und die vorhanden Netzwerke von Geflüchteten aufnehmen, um erfolgreich sein zu sein. Hier hat die Landesregierung zwar eine engagierte Beauftragte und viele Absichtsbekundungen vorzuweisen - aber keine politischen Konzepte.