Mitbestimmung ausbauen und Arbeitszeit verkürzen

Dass wir immer mehr Güter und materiellen Reichtum schaffen können mit immer weniger Arbeit, ist eigentlich eine gute Nachricht. So könnte deshalb die Arbeitszeit verkürzt werden, damit die Arbeit anders verteilt wird und die Menschen mehr freie Zeit zur eigenen Verfügung und zur demokratischen Gestaltung der Gesellschaft haben. Jedoch kommen die Vorteile dieser Entwicklung nur den Unternehmen zugute. Nicht den Beschäftigten: Die einen müssen viele Überstunden machen, andere müssen sich mit erzwungener Teilzeit und wenigen Stunden zufriedengeben. Flexibilität, die den Beschäftigten auch mehr Selbstbestimmung bringen könnte, ist zu einem Drohwort geworden. Arbeit ist mehr als Erwerbsarbeit. Zur Arbeit zählen auch alle ehrenamtlichen Tätigkeiten, Erziehungsarbeit, Pflegearbeit und dergleichen mehr. Diese müssen in unserer Gesellschaft stärker anerkannt werden. Damit die Erwerbsarbeit sich besser verbinden lässt, beispielsweise mit Familienleben und der Erziehung von Kindern, brauchen wir neue Arbeitszeit-Modelle. Dann können Eltern die Arbeiten im Haushalt und die Erziehung der Kinder gerechter als bisher untereinander aufteilen. Das Konzept von Flexibilität muss sich im Arbeitsleben endlich an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren. Beispiel: Beschäftigte sollen zweimal in ihrem Berufsleben die Möglichkeit haben für ein Jahr auszusteigen (Sabbatjahr), verbunden mit einem Rückkehrrecht auf den gleichen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz.


Die Beschäftigten brauchen größere Selbst- und Mitbestimmungsrechte in Bezug auf ihre Arbeitszeit und die Gestaltung ihrer Arbeit – Überbelastungen müssen abgebaut werden. Nur so bleibt genügend freie Zeit für Erholung, Muße und selbstbestimmte Tätigkeiten. Der Profitdruck wird heute zunehmend an jeden einzelnen Beschäftigten weitergegeben. Das Unternehmen will nicht nur die Arbeitskraft, es will den ganzen Menschen: seine Motivation, seine Kreativität, sein Wissen, um Kosten zu sparen und die Leistung noch mehr zu steigern. Es ist Zeit, diese Tendenz umzudrehen: Arbeit und Arbeitsplätze müssen nach den Bedürfnissen der Beschäftigten gestaltet werden. Es gibt ein Recht auf Feierabend.


  • Wir wollen das Arbeitszeitgesetz so ändern, dass die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit von derzeit 48 auf höchstens 40 Stunden gesenkt wird. Ausnahmeregelungen müssen deutlich reduziert werden, Überstunden effektiv begrenzt werden und es müssen stärkere Kontrollen, insbesondere solche durch unabhängige Arbeitnehmervertretungen gesetzlich vorgeschrieben werden.
  • Ausbau der kollektiven Mitbestimmung der Beschäftigten und der betrieblichen Interessenvertretungen: Im Büro, in der Werkshalle, in Behindertenwerkstätten, auf Station und im Geschäft müssen die Rechte der Beschäftigten sowie die der Betriebsräte, Schwerbehindertenvertretungen und Werkstatträte sowie ihre Mitbestimmung bei der Gestaltung ihrer individuellen Tätigkeiten gestärkt werden – beispielsweise mittels Vetorechten und im Hinblick auf Stellenpläne, bei der Ausgestaltung von kollektiven Arbeitsabläufen und bei der Personalbemessung.
  • Wir unterstützen Initiativen, um die "weißen Flecken" der Mitbestimmung, wie Betriebe ohne jegliche Mitwirkung der Beschäftigten, Stück für Stück zu beseitigen.
  • Deutschland muss endlich das Zusatzprotokoll der Europäischen Sozialcharta über Kollektivbeschwerden ratifizieren, so dass unter anderem Gewerkschaften beim Europarat ein Beschwerderecht bei Verletzungen der Sozialcharta bekommen.
  • Wir unterstützen Initiativen, den gesetzlichen Ladenschluss stärker zu begrenzen, insbesondere Sonn- und Feiertagsarbeit ist auf wenige, streng definierte Ausnahme zu beschränken.
  • Sofort umsetzbar ist die Einführung einer Anti-Stress-Verordnung, wie sie auch von der IG Metall gefordert wird, und eines individuellen Veto-Rechts bei der Umgestaltung von Arbeitsaufgaben.
  • Wir wollen den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz und das Jugendarbeitsschutzgesetz verbessern.


Wir wollen die Arbeitszeiten bei vollem Lohn- und Personalausgleich verkürzen. Die Vorstellung, dass "Vollzeit" ein Acht-Stunden-Arbeitstag ist, stammt aus den Kämpfen des 19. Jahrhunderts und wurde 1918 gesetzlich vorgeschrieben. Wir brauchen dringend ein neues Ziel: Sechs Stunden sind genug. Gute Arbeit für alle, aber weniger Arbeit für die Einzelnen – das wollen wir als neue Vollbeschäftigung. Wir unterstützen die Initiativen aus Gewerkschaften, eine neue gesellschaftliche Debatte um eine Arbeitszeitbegrenzung voranzubringen. Wir streben eine Obergrenze von 35, längerfristig von 30 Stunden an. Damit verkürzte Arbeitszeiten nicht zu Arbeitsverdichtung und damit zu Lohnkürzungen "verkommen" und so konterkariert werden, müssen die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigtenvertretungen bei Personal- und Stellenplänen erweitert werden.


Kapital und Arbeit stehen sich in unserer Gesellschaft immer gegenüber. Die Vorstellungen davon, was gerecht und angemessen ist, werden in politischen und sozialen Kämpfen ausgehandelt. Die Kräfteverhältnisse sind im Neoliberalismus zu Gunsten des Kapitals verschoben worden.


  • Die Mitbestimmungsrechte müssen ausgebaut, Informations-, Kontroll- und Vetorechte ergänzt und auf wirtschaftliche Fragen, insbesondere auch Betriebsänderungen, Standortänderungen und Entlassungen, sowie auf die Gestaltung der Tätigkeiten und der Arbeitsbedingungen ausgeweitet werden.
  • DIE LINKE unterstützt Belegschaften, die ihre in die Krise geratenen Betriebe in Eigenregie weiterführen wollen. Genossenschaften und Belegschaftsbetriebe bauen auf Wissen, Erfahrung und Planungsfähigkeiten der Beschäftigten auf und geben ihnen mehr Möglichkeiten, über Art und Inhalt der Produktion mitzubestimmen.
  • Das Streikrecht ist unteilbar – das gilt auch für die Beschäftigten in Kirche, Diakonie und Caritas. Es wird Zeit, dass Beschäftigte kirchlicher Einrichtungen die gleichen Rechte bekommen wie alle anderen Beschäftigten. Das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht ist materiell schlechter. Deshalb muss das Betriebsverfassungsgesetz uneingeschränkt für die Kirchenbeschäftigten gelten. Paragraf 118 Betriebsverfassungsgesetz ist entsprechend zu streichen. Kirchliche Einrichtungen, die öffentliche Zuschüsse empfangen, müssen für alle als Beschäftigte sowie Nutzerinnen und Nutzer zugänglich sein. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss auch in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden. Das Arbeitsrecht muss sicherstellen, dass ein aus der Sicht der Kirchen "fehlendes privates Wohlverhalten" nicht zur Grundlage von Kündigungen in kirchlichen Einrichtungen und Betrieben gemacht werden darf.


Starke Gewerkschaften sind unerlässlich für gute Arbeits- und Lebensbedingungen. DIE LINKE will die Flächentarife wiederherstellen. Dafür gilt es, das Streikrecht der Gewerkschaften zu verbessern und vor jeglicher gesetzlicher Einschränkung zu bewahren und ein Verbandsklagerecht zur Einhaltung von Tarifverträgen und gesetzlichen Bestimmungen einzuführen. Tarifverträge müssen auf Antrag einer Tarifpartei als allgemeinverbindlich gelten.