Gute Pflege: Würde für Pflegebedürftige, Angehörige und Beschäftigte

"Als meine Mutter aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war nichts mehr, wie es vorher war. Plötzlich war sie auf Pflege und Betreuung angewiesen. Ich muss mir extra frei nehmen und riskiere meinen Job. Alles geht schnell, schnell, auch bei mir auf Arbeit im Pflegeheim. Für alles ist Geld da, nur für die wichtigsten Dinge nicht. Wie ergeht es da erst Leuten, die gar nicht wissen, wie Pflege funktioniert?"Johanna, 42, Pflegehelferin in Kassel


Der Bundesregierung ist es nicht gelungen, die Pflegeversicherung so weiterzuentwickeln, dass sie den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird. Die Pflegeversicherung ist eine "Teilkaskoversicherung" und zudem chronisch unterfinanziert. Sie gewährt Menschen mit Pflegebedarf nur einen Zuschuss zu den Kosten der Pflege, welche die familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege ergänzen soll. Die Betroffenen müssen auf ihr Einkommen und Vermögen zurückgreifen. Viele werden von der Sozialhilfe oder von der Unterstützung ihrer Angehörigen abhängig. Diese wiederum sind oft überfordert und stark belastet.

  • Der seit 2009 vorliegende neue Pflegebegriff und das neue Begutachtungsverfahren müssen endlich vom Gesetzgeber umgesetzt, kognitive und/oder psychische Einschränkungen ebenso wie körperliche erfasst werden.
  • Das neue Begutachtungsverfahren muss auch eine Methode beinhalten, nach der die Pflegebedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen bestimmt werden kann. Menschen mit Demenzerkrankungen sind endlich angemessen in die Pflegeversicherung einzubeziehen.

DIE LINKE versteht Pflege als eine Aufgabe der Gesellschaft und damit als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Eine Politik, die gerecht und solidarisch ist, kann eine effektive, menschenwürdige und an den individuellen Bedürfnissen ausgerichtete Pflege und Betreuung organisieren und finanzieren. Schluss mit dem Teilkasko-Prinzip: Eine sozial gerechte Pflegeversicherung muss perspektivisch alle nötigen Leistungen übernehmen. Finanzierbar wird das, wenn alle Einkommen in die solidarische Pflegeversicherung einbezogen werden (solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege).


Vor allem Frauen – Ehe- und Lebenspartnerinnen, Töchter oder Schwiegertöchter – übernehmen Pflegearbeit. Doch die Familienstrukturen, das Familienbild, die Erwerbsbiographien von Frauen ändern sich – und das ist gut so. Auch wollen pflegebedürftige Menschen nicht automatisch von ihren Angehörigen gepflegt werden. Eine selbstbestimmte Entscheidung über die Frage, wer pflegt mich, ist in vielen Fällen nicht möglich: Pflege hängt in zunehmendem Maße von der Größe des eigenen Geldbeutels ab.

  • DIE LINKE fordert, die Leistungen so zu gestalten, dass es allen Menschen möglich ist, selbstbestimmt zu entscheiden, ob sie ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflege- oder Assistenzleistungen in Anspruch nehmen wollen. Ein Ausbau des bezahlbaren, barrierefreien Wohnraums ist dafür unerlässlich.
  • Gute Pflege darf nicht von den eigenen finanziellen Möglichkeiten abhängig sein. Damit eine solche neue Pflege-Politik gelingt, muss das Leistungsniveau der Pflegeversicherung deutlich angehoben werden. Das bietet den Betroffenen die Möglichkeit, sich fachgerecht zu Hause pflegen zu lassen.
  • Wir fordern, die mit fünf Euro im Monat geförderte private Pflegezusatzversicherung ("Pflege-Bahr") zu stoppen. Der Einstieg in die Privatisierung der Pflegevorsorge ist unsozial, volkswirtschaftlich unsinnig und benachteiligt Geringverdienende und Menschen mit Behinderungen. Stattdessen werden so Versicherungskonzerne gesponsert, die sich mit kräftigen Parteispenden revanchieren. Während Geringverdienende und Menschen mit einem potenziellen Pflegerisiko sich die Zusatzversicherung nicht leisten können, ist es Besserverdienenden und Gesunden möglich, auf günstigere, nicht geförderte Produkte zurückzugreifen. Das führt zu einer Zwei-Klassen-Pflege, gegen die wir uns entschieden wenden.


Gute Pflege hängt entscheidend von qualifizierten und engagierten Beschäftigten ab. Der Alltag von Pflegekräften ist von Arbeitsverdichtung, starren Zeitvorgaben und schlechter Bezahlung geprägt. Darunter leiden alle Beteiligten: das Pflegepersonal und die zu pflegenden Menschen sowie deren Angehörige. Pflege ist eine schwere und anspruchsvolle Arbeit, die gesellschaftlich anerkannt und entsprechend bezahlt werden muss.

  • Die Anhebung des Leistungsniveaus der Pflegeabsicherung eröffnet den finanziellen Spielraum, Pflegekräfte besser zu bezahlen. Mini- und Midijobs in der Pflege müssen in reguläre und tariflich bezahlte Arbeitsplätze umgewandelt werden. Damit Lohndumping in der Pflege verhindert wird, ist als unterste Grenze ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von zehn Euro einzuführen.
  • Um die Qualität der Pflege zu sichern, fordert DIE LINKE bundesweite Standards über eine qualitätsbezogene Personalbemessung. Bis dahin müssen Bund und Länder sich gemeinsam das Ziel setzen, mindestens die Hälfte der Personalstellen mit Fachkräften zu besetzen.
  • Um die gleichberechtigte Teilhabe der Betroffenen in der Mitte unserer Gesellschaft zu sichern, müssen kommunale Hilfestrukturen wie Pflegestützpunkte und Wohnberatung ausgebaut werden.
  • Die Pflegeausbildung ist zeitgemäß weiterzuentwickeln, um den Ansprüchen an eine qualitativ hochwertige Versorgung gerecht zu werden und die Pflegeberufe attraktiver zu machen. Dazu sollen die Pflegeberufe zu einer dreijährigen dualen Ausbildung zusammengeführt werden. Einer zweijährigen Grundausbildung folgt die einjährige Schwerpunktsetzung in allgemeiner Pflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege.