Bildung ist keine Ware. Gute Bildung für alle

Das bestehende Bildungssystem verschärft soziale Unterschiede, statt für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Es zementiert Privilegien und soziale Ausgrenzung, statt sie zu überwinden. In kaum einem anderen Industrieland bestimmt die soziale Herkunft so sehr über die Bildungslaufbahn wie in Deutschland.


Für DIE LINKE ist Bildung ein Menschenrecht. Bildung trägt dazu bei, dass Menschen ihr Leben selbstbewusst, selbstbestimmt und selbständig gestalten und gesellschaftliche Zustände kritisch bewerten und verändern können. Deshalb muss jedem Menschen der Zugang zu Bildung ermöglicht werden - ein Leben lang. Niemand darf ausgegrenzt werden, Bildungsbarrieren müssen abgebaut, Nachteile ausgeglichen werden. Gleicher Zugang zu Bildung ist eine grundlegende Voraussetzung für erfolgreiche gesellschaftliche Teilhabe und soziale Gerechtigkeit. Wir brauchen ein inklusives Bildungssystem, das darauf ausgerichtet ist, allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von ihren sozialen und persönlichen Voraussetzungen den bestmöglichen Lernfortschritt zu ermöglichen:

  • Dafür ist es erforderlich, allen Kindern von Anfang an ganztägig das gemeinsame Lernen und Leben mit anderen Kindern in Kindertageseinrichtungen zu ermöglichen.
  • Dazu muss die frühe Zuteilung von Bildungschancen durch ein gliederndes Schulsystem überwunden werden.
  • Dazu müssen ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.
  • Dazu muss der Zugang zu höherer Bildung, also auch zum Studium bis zum Master, für alle erleichtert werden.
  • Die LINKE fordert einen deutschlandweit einheitlichen Betreuungsschlüssel in Kindertagesstätten von mindestens einer Erzieherin oder einem Erzieher zu maximal vier Kindern im Alter bis drei Jahren und mindestens einer Erzieherin oder einem Erzieher zu maximal zehn Kindern im Alter von 3 bis 7 Jahren.


Bildung muss als öffentliche Aufgabe auch öffentlich finanziert werden und demokratisch organisiert sein. Wir lehnen die Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Bildung ab und wollen nicht, dass Bildungsinhalte und Bildungsziele einseitig nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit bestimmt werden.

  • Gute Bildung kostet Geld. In Kindertageseinrichtungen, Schulen, Hochschulen und in der Aus- und Weiterbildung fehlt es an allen Ecken und Enden. Wir fordern eine sofortige Aufstockung der öffentlichen Bildungsausgaben.
  • Gute Bildung für alle zu sichern ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Nur wenn sie an einem Strang ziehen, können notwendige Reformen angegangen und die nötigen Finanzmittel aufgebracht werden. Doch das ist im Moment verboten. SPD und Union haben 2006 ein Kooperationsverbot für Bund und Länder in der Bildung verhängt. Das muss umgehend wieder rückgängig gemacht und eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz verankert werden.
  • Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Wir kämpfen für die Abschaffung von jeglichen Gebühren im öffentlichen Bildungssystem. Dazu gehören auch gebührenfreie Kindertagesstätten.
  • Damit Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte gut arbeiten können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Wir kämpfen für eine größere Wertschätzung für die Bildungsberufe. Das betrifft neben ihrer Bezahlung und ihren Arbeitsverhältnisse auch ihre Ausbildung. Dazu müssen pädagogische Fachkräfte mehr und besser ausgebildet werden und die Ausbildung als Erzieherin oder Erzieher in der frühkindlichen Bildung schrittweise auf Hochschulniveau angehoben werden.
  • Wir treten für Mindesthonorare ein und kämpfen dafür, dass der branchenspezifische Mindestlohn in der Weiterbildung erhöht wird. Wir wollen, dass die Vergabe der Arbeitsagenturen in der beruflichen Weiterbildung die Qualität von Bildung und eine gute Bezahlung der Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellt. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Bildung, ob in der (Hoch-)Schule oder im Weiterbildungsbereich gehören abgeschafft.
  • Bildung ohne Bundeswehr! Die Bundeswehr soll nicht mehr in Schulen oder Universitäten werben dürfen. Soldat oder Soldatin ist kein normaler Beruf: Er setzt die Bereitschaft voraus, auf Befehl zu töten und getötet zu werden. Deshalb setzt sich DIE LINKE dafür ein, die bestehenden Kooperationsvereinbarungen zwischen Bundeswehr und Kultusministerien aufzukündigen. An allen Universitäten soll mit einer Zivilklausel militärische Forschung ausgeschlossen werden.


Eine Schule für alle

Um mehr Bildungschancen für alle zu schaffen, wollen wir das gegliederte Schulsystem überwinden. Die Gemeinschaftsschule als Regelschule, in der alle Kinder und Jugendlichen länger gemeinsam lernen, verringert nachgewiesen die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft. Sie kann mehr Schülerinnen und Schüler zu Bildungserfolgen und höheren Schulabschlüssen führen. Es entspricht dem pädagogischen Selbstverständnis der Gemeinschaftsschule, dass alle dazugehören, niemand ausgegrenzt wird und Verschiedenheit normal ist. Behinderung wird dabei nicht als »Defizit« angesehen, sondern gehört zur menschlichen Vielfalt. Wir wollen Gemeinschaftsschulen, die inklusive Ganztagsschulen mit kleineren Lerngruppen und mehr Lehrern und Lehrerinnen, Erziehern und Erzieherinnen, Schulsozialarbeitern und Schulsozialarbeiterinnen sowie anderen pädagogischen Fachkräften sind.


Das Bildungssystem muss so verändert werden, dass Vielfalt der Herkunft und des kulturellen Hintergrundes als Chance begriffen werden kann, damit die Benachteiligung von Migrantinnen, Migranten und Flüchtlingen beendet wird. Besondere Fähigkeiten wie Zweisprachigkeit müssen gezielt gefördert werden und schlechtere Startchancen sind auszugleichen.

  • Wir wollen, dass an allen Schulen die Bedingungen für inklusive Bildung geschaffen werden. Kein Kind soll mehr auf eine Förderschule verwiesen werden. Dazu muss der Bund seine Verantwortung finanziell und inhaltlich besser wahrnehmen.
  • Wir fordern von der Bundesregierung wirksame Initiativen zur Verbesserung und Angleichung der Lehrerausbildung zwischen den Ländern. Die Ausbildung muss praxisnah erfolgen und v.a. an den Anforderungen inklusiver Bildung ausgerichtet sein. Die LINKE steht für eine schulformunabhängige Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer in der Sekundarstufe.
  • Wir wollen, dass an allen Schulen Schulsozialarbeit gesichert wird. Dazu müssen auf der Bundesebene die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, und es muss eine dauerhafte Bundesbeteiligung bei der Finanzierung sichergestellt werden.
  • Wir setzen uns für Lehr- und Lernmittelfreiheit ein sowie für einen kostenlosen Zugang und offenen Austausch von digitalen Lehr- und Lernmitteln. Dazu kann unter anderem der Aufbau von "Open Educational Ressources" (OER), also den gemeinschaftlich und selbstbestimmt von Pädagoginnen und Pädagogen, Schülerinnen und Schülern und von Studierenden erstellten und frei nachnutzbaren Lehr- und Lernmaterialien einen Beitrag leisten. DIE LINKE setzt sich deshalb für ein Förderprogramm des Bundes ein, dass OER Pilotprojekte finanziert, koordiniert und die Konzeptionierung wissenschaftlich begleitet.


Gute Ausbildung und gute Weiterbildung

Eine gute berufliche Ausbildung meint eine umfassende und moderne Ausbildung mit hoher Qualität. Sie dient allen jungen Menschen, ihre eigenen Interessen, Neigungen und Fähigkeiten zu verwirklichen und zu erweitern. Deshalb treten wir für das Recht auf Ausbildung ein. Eine Ausbildung verbessert die Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben und berufliche Teilhabe an der Gesellschaft.

  • Die berufliche Erstausbildung soll für alle Ausbildungsformen gebührenfrei sein. Ausbildungsgebühren gehören abgeschafft.
  • Es muss eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden, die Ausbildungsrahmenbedingungen müssen tarifvertraglich geregelt werden, und es besteht Sozialversicherungspflicht. Perspektivisch muss die Ausbildungsvergütung ein selbständiges Leben ermöglichen.
  • DIE LINKE setzt sich gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür ein, dass die unbefristete Übernahme von Auszubildenden nicht die Ausnahme bleibt, sondern zum Normalfall wird.
  • Unternehmen, die nicht ausbilden, wollen wir mit einer Umlage belegen, mit der wir die Unternehmen unterstützen, die ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung zur Ausbildung nachkommen. Damit soll ein auswahlfähiges Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen zur Verfügung gestellt werden.
  • Menschen, die bisher von einer Ausbildung ausgeschlossen waren, müssen unterstützt werden, damit sie einen anerkannten Berufsabschluss erwerben können. DIE LINKE fordert ein Sofortprogramm, das die nötigen Rahmenbedingungen sowie die notwendigen Ressourcen bereitstellt.
  • Nach wie vor ist die Berufswahl von Frauen und Männern stark geschlechtsspezifisch geprägt. Deshalb wollen wir Betriebe, die Frauen in nicht frauentypischen Berufen oder Männer in nicht männertypischen Berufen ausbilden, gezielt fördern.
  • Auch Betriebe, die verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund ausbilden, ihr Ausbildungsangebot inklusiv ausgestalten und diejenigen integrieren, die seit Jahren von Ausbildung ausgegrenzt sind, wollen wir gezielt fördern.
  • Die Beschäftigten sollen die Möglichkeit zur regelmäßigen beruflichen Weiterbildung haben - für die persönliche Entwicklung des Einzelnen ebenso wie für die nachhaltige Möglichkeit zur Teilhabe am Erwerbsleben.
  • DIE LINKE setzt sich dafür ein, Unternehmen für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten in die Pflicht zu nehmen. Zur Finanzierung können Branchenfonds eingerichtet werden, in die Betriebe entsprechend der Anzahl ihrer Beschäftigten einzahlen. Wir setzen uns für ein Bundesweiterbildungsgesetz ein, das Weiterbildung als öffentliche Aufgabe definiert und einen Rechtsanspruch sichert. Wir unterstützen Initiativen für eine Bildungsurlaub bzw. -freistellung für alle Beschäftigten in den Bundesländern. Angebote der allgemeinen und politischen Weiterbildung müssen für alle zugänglich sein. Dafür sind bessere finanzielle und rechtliche Rahmenbedingungen erforderlich.
  • Die prekäre Beschäftigung in der Weiterbildungsbranche muss zurückgedrängt werden.


Hochschulen jenseits des Marktes

Hochschulen sind zunehmend auf Wettbewerb, Markt und Elitenförderung ausgerichtet worden. Die finanzielle Ausstattung wird an marktförmige Kriterien gebunden. Direkte privatwirtschaftliche Einflussnahme auf die Lehre und Forschungskooperationen mit Großkonzernen nehmen zu. Gleichzeitig fehlen Studienplätze, Hörsäle, Lehrende, universitäre Infrastruktur und Wohnraum für Studierende.


Die Einführung von Bachelor und Master im Zuge der Bologna-Reform hat die Studiengänge zusätzlich verschult: Studieren wird von Zeitdruck und Prüfungsstress bestimmt.

  • Wir fordern die Abschaffung des Bologna-Systems – weg von repressiven Studienordnungen hin zu einem selbstbestimmten, interdisziplinären und kritischen Studieren.
  • Die Studienplätze sollen bedarfsgerecht ausgebaut werden: für alle Studienberechtigten, die ein Studium aufnehmen wollen. Die Studienplätze müssen so finanziert werden, dass das Betreuungsverhältnis verbessert und gute Lehre gewährleistet werden kann.
  • Wir wollen die Bundesmittel aus der ehemaligen Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau für ein Infrastrukturprogramm einsetzen. Daraus sollen barrierefreie, soziale Infrastrukturen wie Wohnheimplätze und Mensen sowie wissenschaftliche und digitale Infrastrukturen für die Uni 2.0 finanziert werden.
  • Wir wollen eine inklusive Hochschule, die jedem und jeder den Zugang und die Teilhabe an Forschung und Lehre unabhängig von chronischer Krankheit oder Behinderung gewährt. Dazu bedarf es einem barrierefreien Hochschulbau, angepasster Lehrmethodik sowie Beratungs- und Betreuungsstrukturen, die die Gleichstellung von Menschen mit chronischer Krankheit bzw. Behinderungen tatsächlich gewährleisten.

Immer noch hat die soziale Herkunft einen hohen Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen ein Studium. Die sozialen Hürden zur Hochschule wurden durch Zugangsbeschränkungen und Auswahlgespräche vielerorts sogar erhöht. Und die Hochschulen sind immer weniger in der Lage, ihrer Funktion als kritische Instanz gegenüber der Gesellschaft und als gesellschaftlicher Träger von unabhängiger Wissenschaft gerecht zu werden.

  • Wir setzen uns für die Abschaffung jeglicher Form von Studiengebühren ein. Gebühren wirken abschreckend auf einkommensschwächere Schichten und drängen Studierende in vermeintlich marktnahe Studiengänge.
  • Wir wollen eine bedarfsorientierte öffentliche Ausfinanzierung der Hochschulen in der Breite statt einseitiger Exzellenzförderung und ausgewählt vergebenen Drittmitteln. Nur so kann garantiert werden, dass nicht im Interesse finanzstarker Einzelinteressen und Großkonzerne sowie politischer Einzelinteressen gelehrt und geforscht wird.
  • Wir wollen die Hochschulen öffnen. DIE LINKE setzt sich für die Überwindung von Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen wie NC, Auswahlgespräche, IQ-Tests oder Bewerbungsgespräche sowie für den freien Zugang zum Master für alle Studierenden im Rahmen eines Bundesgesetzes zur Hochschulzulassung ein. Die Studierenden sollen selbst bestimmen können, welches Fach und wo sie studieren und welchen Abschluss sie absolvieren möchten. Darüber hinaus muss die Durchlässigkeit zwischen Universitäts- und Fachhochschulstudiengängen erhöht werden. Hochschulstudiengänge müssen auch für diejenigen, die über eine berufliche Ausbildung gemäß dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder eine vergleichbare Ausbildung verfügen, geöffnet werden.
  • Das BAföG wollen wir elternunabhängig und bedarfsdeckend umbauen und die Anpassung der Höchstdauer der Zahlung an die reale durchschnittliche Studiendauer voranbringen. Zukünftig soll das BAföG wieder als Vollzuschuss gezahlt werden. Angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten setzen wir uns für eine sofortige Erhöhung um zehn Prozent inklusive einer jährlichen Anpassung und für die Abschaffung der Altersgrenzen ein. Wir kämpfen für die Einführung eines bedarfsdeckenden Studienhonorars. Über das BAföG hinaus werden Sonderbedarfe gewährt, z. B. für chronisch Kranke, Menschen mit Behinderung im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung.
  • DIE LINKE kämpft für die Demokratisierung der Hochschulen. Wir wollen stärkere Mitspracherechte für alle Beschäftigten und Studierenden. Wir wollen bundesweit verfasste Studierendenschaften mit allgemeinpolitischem Mandat durchsetzen. Hochschulgremien sollten viertelparitätisch besetzt werden, damit allen Statusgruppen der Hochschule die Mitbestimmung gesichert wird. Aufsichtsratsähnliche Gremien wie Hochschulräte haben an der Hochschule keinen Platz, denn Hochschulen sind keine Unternehmen.