Rechte Gewalt ist Menschenhass
Gedenken an Torsten Lamprecht


9. Mai 1992 – Die Clique hatte sich einen guten Ort ausgesucht. Idyllisch am Elbufer, etwas abgelegen – die „Elbterrassen“ sind gut geeignet für die große Geburtstagsfeier mit 20 Freundinnen und Freunden. Die Musik übertönt den strömenden Regen, es wird getanzt und getrunken – eine große Party eben. Kurz vor Mitternacht stürmen etwa 60 Skinheads, u.a. bewaffnet mit Baseballschlägern, den Ort. Unter „Sieg Heil“-Rufen schlagen sie brutal auf die geschockten Gäste ein. Torsten Lamprecht wird der Schädel zertrümmert. Am 11. Mai stirb der 23-jährige Punk aus Magdeburg an seinen schweren Verletzungen. 


Die Polizei ist vor Ort, greift aber nicht ein. Sie wird erst aktiv, als der brutale Angriff vorüber ist und nimmt die Personalien der Opfer auf. 18 angeklagte Nazis werden sich später gegenseitig durch Alibis decken, als Höchststrafe werden am Ende vier Jahre für einen der Haupttäter verhängt. 


Vor wenigen Tagen hat der Stadtrat die Benennung des Weges, direkt vor dem ehemaligen Tatort, in „Torsten-Lamprecht-Weg“, sowie die Anbringung einer dauerhaften Gedenktafel beschlossen. 


Kommt zum Gedenken an Torsten Lamprecht, Samstag, 11. Mai 2013, 11.00 Uhr an der Brücke am Wasserfall / Ecke Burchardstraße, BgR Magdeburg: http://bgrmagdeburg.wordpress.com/


„Die Polizei hat zugeguckt“ – Interview von 2005 zum Überfall im Newsletter der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt: 
http://www.mobile-opferberatung.de/doc/news/MOB_newsletter_8.pdf


Rechte Gewalt ist Menschenhass. Kein Vergessen. Kein Verschweigen.


»Sonne und Alkohol«
Verharmlosung rechter Gewalt in den 1990er Jahren


Das skandalöse Verhalten der Polizei wiederholte sich zwei Jahre später in dramatischer Weise. Zu Himmelfahrt, am 12. Mai 1994, jagten Neonazis über Stunden Migranten und Flüchtlinge durch die Magdeburger Innenstadt. Die Polizei griff nicht ein – das Verhalten der Beamten musste als Ermutigung an den rechten Mob verstanden werden. Nachdem die Verfolgten sich in die „Mariettabar“ retteten, kam es zu stundenlangen Schlägereien zwischen Nazis und Migranten. Auch die Praxis der Festnahmen widersprach der realen Gefährdung, besonders viele Schwarze wurden in Gewahrsam verbracht. Die festgenommen weißen Täter wurden noch in der Nacht wieder auf freien Fuß gesetzt, zu Himmelfahrt, ab 23 Uhr, sähe man kein Gefährdungspotential mehr, hieß es damals von Seiten der Polizei. 


Die sogenannten Magdeburger Himmelfahrtskrawalle reihen sich ein in die rassistische und chauvinistische Grundstimmung, in der in den 1990er Jahren die rechte Gewalt als Schulterschluss von Nazis und großen Teilen der Öffentlichkeit explodierte. Als Zusammentreffen von „Sonne und Alkohol“ verharmloste der Polizeipräsident Antonius Stockmann damals die rassistische Hetzjagd. Der Innenminister Walter Remmers hielt die „gesamte Leistung der Polizei (...) für beeindruckend.“