Leidenschaft und Geld – nicht nur für die Kommune 

Vom Wahlkampfauftakt der LINKEN in Wittenberg


„Lasst die Kommunen leben, und rüstet sie so aus, dass sie ausreichend finanziert sind.“ Der Landrat Jürgen Dannenberg brachte es auf den Punkt. Ohne einen auskömmlichen Haushalt werden sich die politischen Spielräume immer weiter verengen. Dietmar Bartsch bestätigte dies aus der Perspektive der Bundestagsfraktion. Der Bund entscheide über die Finanzströme zwischen Ländern und Kommunen und mit der Steuerpolitik lege die Bundesregierung die Höhe der möglichen Einnahmen fest. Der Fraktionsvize Bartsch stellte klar, „es muss mehr werden, was zu verteilen ist, sonst werden wir scheitern“. Und dies gelte für jeden Landrat, unabhängig vom Parteibuch. Die „ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung bleibt der größte Skandal in der Bundesrepublik“, der auf dem Rücken der Länder und Kommunen ausgetragen wird. Eine stärkere Beteiligung derer, die bisher von der Krise profitiert haben, bleibt für Dietmar Bartsch deshalb dringliche Forderung. 


Damit steckte die erste Runde mit Birke Bull, Jürgen Dannenberg und Dietmar Bartsch den bundespolitischen Rahmen ab. Am 26. April versammelten sich auf der Bühne der Phönix Theaterwelt Politik, Kunst und Ehrenamt zur Matinee rund um den Landrat von Wittenberg. Nach sieben Jahren im Amt zog Jürgen Dannenberg vor vollem Haus Zwischenbilanz zum Erreichten. Mit dem Wahlspruch „Bewährtes fortsetzen, Angefangenes weiterführen, Neues auf den Weg bringen“ nimmt der Landrat jetzt Kurs auf seine zweite Amtszeit.


Landräte unter sich 

Auf dem zweiten Podium begrüßten Jürgen Dannenberg und Moderator Jörg Schindler die Landrätinnen der LINKEN aus Brandenburg und Thüringen. „Landräte sind für die LINKE so viel wert wie zwölf Reden im Bundestag“ hatte Dietmar Bartsch zuvor bemerkt, denn „mit diesen Ämtern setzt sich DIE LINKE in der Fläche durch“ – und das bei allen Unkenrufen der politischen Konkurrenz. Dass Landräte der LINKEN keineswegs „die Vorgärten enteignen“, konnte dieser Erfahrungsaustausch, mit der Perspektive von drei Verwaltungschefs, nur bestätigen. Kornelia Wehlan, Landrätin in Teltow-Fläming, konstatierte mit Blick auf die nach der Wahl übernommene Schuldenlast im Kreis, die Geltung gesetzlicher Rahmen und Vorgaben für jeden Landrat. Sie warb im Zusammenhang mit der schwierigen Finanzausstattung der Kommunen besonders um Unterstützung für DIE LINKE bei den Europawahlen. Mit den LEADER-Projekten fördere die EU den ländlichen Raum und dabei besonders Prozesse, die von unten wachsen. LINKE Stimmen im Europäischen Rat seien so besonders wichtig, um diese Förderprozesse auszubauen. 


Jürgen Dannenberg verwies auf die außerordentliche Bilanz solcher Projekte für den Landkreis Wittenberg: 10 Millionen seien in die Schulsanierung gegangen, die Schulsozialarbeiter werden aus diesen Töpfen gefördert, der Deichbau profitiert davon und 130 Menschen über 50 Jahre seien durch ein spezielles Programm in versicherungspflichtige Arbeit gekommen. 


Michaele Sojka, die Landrätin im Altenburger Land, betonte die Spielräume für LINKE Politik. Der Erhalt des 5-Sparten-Theaters sei ebenso ihr Ziel, wie die Zertifizierung als familienfreundlicher Landkreis. Wirtschaftsförderung hieße in Thüringen auch bessere Lohnpolitik, um Menschen durch auskömmliche Erwerbsarbeit in der Region halten zu können.


„Wir füllen die Stadt mit Leben“

Mit der Seeräuberjenny, Zarah Leander und Mandy wurde das politische Gespräch zur Matinee: Die Sängerin Alexandra Herrhausen und der Pianist Markus Schuliers gestalteten den Vormittag vor allem mit den Gassenhauern aus der Dreigroschenoper, die Kabarettistin Barbara Schüler vom Clack Theater mit zwei ihrer Alter Egos. „Wir sind die Software, die die Hardware bespielt“, stellte Markus Schuliers klar. Nicht nur das fehlende Geld sollte diskutiert werden, so Markus Schuliers, Leiter des Theaterjugendclubs Chamäleon in der Runde der Wittenberger Vereine und Verbände gemeinsam mit dem Landrat. Die Aktiven, Leidenschaftlichen und Unbeirrbaren füllen die Stadt mit Leben, und dabei „arbeiten wir alle sehr gut zusammen“. Jürgen Dannenberg pflichtete ihm bei. Ohne die ehrenamtlich Aktiven könnte die Verwaltung ihre Vorhaben gar nicht umsetzen. 17.600 Euro stehen Dannenberg für die Kultur zur Verfügung – allein viel zu wenig. Erst die in seiner Amtszeit ins Leben gerufene Sparkassenstiftung macht eine Kulturförderung überhaupt möglich. 


Der Kreisbauernverband verwies auf einen anderen wichtigen Aspekt – 17 000 ha Ackerfläche und vor allem die Tierhaltung prägen das landwirtschaftliche Gesicht des Landkreises. Eine stärkere Aufwertung der Berufe Land- und Tierwirt liegt dem Verein am Herzen. Gemeinsam mit dem Landrat wird man eine Kampagne starten, die über diese Berufe informiert und für sie wirbt. Auch die hohe Abbrecherquote von über 30% könne so nicht bleiben, betonte Jürgen Dannenberg. 


Frau Panzig vom „Haus der Geschichte“ verwies selbstbewusst auf über 40 Ausstellungen in 17 Jahren. Das Haus der Geschichte thematisiert Aspekte der Alltagskultur in der DDR und ist damit das einzig zeitgeschichtlich arbeitende Haus in Sachsen-Anhalt. Ohne politische Unterstützung der Stadträte, auch und besonders der LINKEN, wäre dies nicht umzusetzen. Aber, die Ansprüche an den Verein wären groß, die finanziellen Mittel dagegen klein: „Man will einen Mercedes haben, aber nur einen Trabi bezahlen“. 


Geld verschlingt auch der Betrieb des ehemaligen Landestheaters Wittenberg, seit 2002 von der Politik als Landesbühne geschlossen. Rein ehrenamtlich betreibt nun der Verein Phönix Theaterwelt das Haus und holt Künstlerinnen und Künstler in die Stadt. Das lebendige Theater, das Verknüpfen von Erinnerungen und Erfahrungen der Menschen in der Region mit den Ausstellungen und Präsentationen – das ist es, was das Leben vor Ort attraktiv macht. Ohne diese Ehrenamtlichen blieben die Neubauten und Sanierungen, mit denen der Landkreis und die Stadt Wittenberg sich für das Reformationsjubiläum schmücken, nur Fassaden. „Köpfe statt Beton, das wäre auch mein Kriterium an künftige Fördermittel für den Landkreis“, schloss Jürgen Dannenberg den Bogen der Veranstaltung. 



Mehr zu den Vorhaben in Wittenberg – Jürgen Dannenberg im Interview

Einladung zur Matinee am 26. April 2014