Proteste müssen sicht- und hörbar sein!


Die Landesvorsitzende Birke Bull nach dem Aktionstag in Magdeburg:

„An einem Aktionstag wie gestern stehen Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung im demokratischen Konflikt. Die Proteste gegen Nazis, vielfältig, kreativ und gewaltfrei, verbinden Menschen aus verschiedenen Spektren. Sicht- und hörbare Gegenproteste sind wesentlicher Bestandteil einer demokratischen Auseinandersetzung mit Neonazis. Sie werden damit zum Signal der Abgrenzung sowie zum Zeichen dafür, sich nicht einschüchtern zu lassen. Vor allem aber sind diese Proteste ein solidarischer Schulterschluss mit denjenigen, denen Nazis die Würde und die Rechte absprechen. Und sie sind ein Zeichen an gesellschaftliche Mehrheiten, dass wir uns damit nicht abfinden und uns offen gegen rassistische, antisemitische oder chauvinistische Propaganda und Geschichtsfälschung positionieren.

Gestern hat das Polizeikonzept die rechte Demonstration an das südliche Ende der Stadt verlegt. Dabei ist die Abdrängung der Nazis für diese zwar ärgerlich – Präsenz und Gemeinschaftserlebnis sind für sie jedoch ebenso wichtig. Dies ist auch während der Demonstration verlautbart worden. Die Redner ergingen sich im Weiteren in Revisionismus und Hetze und versuchten, die Opfer des II. Weltkrieges in Magdeburg für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Genau dieser Erlebnisraum wird ihnen von immer mehr Menschen verweigert. Im Zusammenhang der Mobilisierungen der letzten Jahre in Dresden ist auch ein neues bürgerschaftliches und kritisches Bewusstsein für diese direkte Auseinandersetzung entstanden. In Dresden ist es gelungen, einen Mythos für die Nazis zu zerstören. 

In vielen Städten hat sich parallel der Widerstand dagegen verstärkt, rechter Aufmarschort zu sein. Dies hat sich gestern auch in Magdeburg gezeigt. Doch statt die Proteste in Sicht- und Hörweite der Nazis zuzulassen, wurden Gegendemonstrantinnen und -demonstranten kilometerweit entfernt in der Innenstadt stundenlang unter Druck gesetzt. Diese weiträumige Trennung hat politischen Widerspruch praktisch verhindert.

Die Route der Nazis dann ausgerechnet am Libertären Zentrum und Wohnprojekt Magdeburg (L!Z) in der Alt Salbker Straße vorbei zu führen, bleibt bisher die fragwürdigste Entscheidung der Einsatzkräfte. Neben der Drohkulisse der Zwischenkundgebung mit den ca. 900 Neonazis bezog die Polizei mit schwerem Räumgerät Stellung vor Ort. Warum so eine Provokation und potentielle Eskalation forciert wurde, erfordert eine Stellungnahme der Polizei und Aufklärung im Nachgang.“

Erstes Fazit nach dem Aktionstag in Magdeburg

Mehr Gegendemonstrantinnen und -demonstranten als je zuvor in Magdeburg!
Trennungskonzept der Polizei ermöglicht Naziroute!


Die Landesvorsitzende Birke Bull zieht nach ihrer Teilnahme an den heutigen Protesten in Magdeburg ein erstes Fazit:

„Weitab von der ursprünglich geplanten Route wurde die Nazidemonstration heute in den Süden Magdeburgs umgeleitet. Deutlich mehr Menschen als in den Vorjahren waren und sind zurzeit noch für gewaltfreie Gegenproteste in Magdeburg unterwegs. Sie haben damit eine Route der Nazis durch die Innenstadt unmöglich gemacht. 

Gemeinsam mit vielen anderen Aktiven hat DIE LINKE gezeigt, wir wollen uns nicht mit den Aufmärschen und Drohkulissen der Neonazis abfinden. Genossinnen und Genossen aus Berlin und Thüringen haben uns unterstützt. Es kommt darauf an, den Nazis solche Straßenaktionen als Event und als Selbstinszenierung zu vereiteln. 

Der Naziaufmarsch war so heute nur durch das taktische großräumige Auseinanderziehen der verschiedenen Aktionsorte und die Informationspolitik der Polizei möglich. Zahlreiche Gegendemonstrantinnen und -demonstranten, die sich zuerst im Stadtteil Crakau versammelten, durften nicht mehr in Richtung Salbke passieren. Stattdessen wurden durch Polizeikräfte wiederholt Zugriffe auf die Protestierenden versucht, auch auf der Meile der Demokratie sowie in der Innenstadt.


Gegenproteste an der Strecke wurden damit massiv behindert, Blockaden aufgelöst. Mehr als erklärungsbedürftig ist, dass die Polizei eine weitgreifendes Trennungskonzept durchsetzt, aber ausgerechnet eine Zwischenkundgebung der Neonazis vor einem alternativen Wohnprojekt genehmigt.“