Umgang des Landes mit Neonazikonzerten- Landesregierung muss Handlungsbedarf endlich eingestehen

Henriette Quade

Zum von der Fraktion DIE LINKE gestellten Antrag „Zivilgesellschaftlichen Protest gegen Neonazikonzerte unterstützen – Kommunen  nicht allein lassen“ fand in der heutigen Sitzung des Innenausschusses eine öffentliche Anhörung von Betroffenen, Expertinnen und Experten, Trägern von Beratungsangeboten und zuständigen Behörden sowie Vertreter_innen anderer Bundesländer mit ähnlicher Problematik statt.

Im Ergebnis der Anhörung sieht sich die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag bestärkt und stellt fest: Es gibt in Sachsen-Anhalt dringenden Handlungsbedarf im Umgang mit neonazistischen und rechtsextremen Konzertveranstaltungen. Zahlreiche Vertreter_innen der betroffenen Kommunen und Bürgerinitiativen, aber auch der geladenen Sachverständigen machte deutlich: Die Kommunikation und der Informationsfluss zwischen zuständigen Behörden, Polizei und demokratischer Zivilgesellschaft vor Ort muss dringend verbessert werden. Dem in der Anhörung geäußerte Eindruck, die Proteste gegen solche Nazikonzerte seien in den Augen der Polizei das eigentliche Problem, muss politisch begegnet werden.

Verschiedene Anzuhörende wiesen auf die enorme Bedeutung von gezielter und sachgerechter Auflagenerteilung, engmaschiger und stringenter Kontrolle der Einhaltung dieser Auflagen und der polizeilichen Begleitung der Veranstaltungen hin, um die Reichweite und die Bedeutung neonazistischer Musikveranstaltungen beeinflussen zu können. Sie beschrieben eindringlich die Notwendigkeit und die Möglichkeiten, Orte für Neonazis als Veranstaltungsorte möglichst unattraktiv zu machen. Die für das brandenburgische Finowfurt zuständige Polizeidirektion, die mehrfach mit den Konzerten in Sachsen-Anhalt vergleichbare Veranstaltungen abgebrochen und aufgelöst hat, lieferte sehr anschauliche Beispiele zur konkreten polizeilichen Vorgehensweise.

Diese Erfahrungen und Beispiele aus der Anhörung zeigen: Es geht. Mit der Bereitschaft, zivilgesellschaftlichen Erfahrungen auf Augenhöhe zu begegnen,  die Expertise der Sachexpert_innen einzubeziehen, eigene Einschätzungen und Kenntnisstände zu hinterfragen,  koordinierten behördlichen Vorgehen, Austausch mit anderen Bundesländern, gezielten Fortbildungsangeboten und letztlich entschlossenem polizeilichen Agieren vor Ort, die einen ggf. notwendigen Abbruch der Veranstaltung möglich macht, kann neonazistischen Konzertveranstaltung wirksam begegnet werden.

Notwendig ist dies in Sachsen-Anhalt allemal: In den letzten Jahren entwickelte sich Sachsen-Anhalt zu einem der Hauptländer für rechtsextreme Musikveranstaltungen. Das Problem dabei ist nicht primär, dass eventuell Verletzungen des Bau- oder Wegerechts passieren oder dass viele Menschen auf Gelände, das eventuell nicht dafür ausgelegt ist, unterwegs sind und Lärm und Müll verursachen. Rechtsextreme Musikveranstaltungen wie sie in Nienhagen oder auch Berga stattfanden bieten der Neonaziszene eigene, nationale, Erlebniswelten und sind das musikalische Begleitprogramm zur politischen Aufstellung und zu Hass und Gewalt von Neonazis. Bei solchen Konzerten wird eine Ideologie des Hasses auf Menschen und letztlich auf sämtliche demokratischen Werte und Prinzipien gefeiert und indirekt und oft auch direkt zu Gewalt gegen all jene aufgerufen , die als politische Feinde oder als rechtlos begriffen werden.

Der Verweis auf bestehende Richtlinien, das alleinige Abstellen auf bau- oder ordnungsrechtliche Anforderungen und die in den Augen der LINKEN qualitativ und quantitativ nicht ausreichende polizeiliche Begleitung von Großveranstaltungen, wie dem im Mai dieses Jahres in Nienhagen stattgefundenen Skinheadkonzert, sind kein ausreichendes Konzept. Die Landesregierung wäre gut beraten, endlich den offenkundig bestehen Handlungsbedarf einzugestehen, den vielfältigen Anregungen aus der Anhörung zu folgen und mehr zu tun, um Sachsen-Anhalt als Veranstaltungsgebiet für Neonazis möglichst unattraktiv zu machen.