Landesregierung muss NSU-Aufklärung endlich konsequent vorantreiben

Zu jüngsten Veröffentlichungen im Fall des V-Manns „Corelli“ erklären die Innenpolitikerin der Fraktion Henriette Quade und die Abgeordnete Eva von Angern:

Zu jüngsten Veröffentlichungen im Fall des V-Manns »Corelli« erklären die Innenpolitikerin der Fraktion Henriette Quade und die Abgeordnete Eva von Angern:


»Nach Medienberichten (s. auch hier) erhielt Thomas R., der als V-Mann Corelli in Sachsen-Anhalt tätig war und wohl zum Umfeld des NSU gehörte, insgesamt 180.000 Euro für seine Tätigkeit. Laut Medienberichten wurden auch Reisekosten zu einer Veranstaltung des Ku-Klux-Klan in den USA durch das Bundesamt für Verfassungsschutz beglichen. Die Tätigkeit dauerte offenbar fast 20 Jahre, kolportiert wird zudem, die Zusammenarbeit sei so eng gewesen, dass R. eine Festanstellung hätte erzwingen können. Eine ›Abschaltung‹ erfolgte erst im November 2012.


Das ist schlicht skandalös, nach bisherigen Enthüllungen (z.B. V-Mann Tino Brandt) aber leider nicht mehr überraschend. Der Staat hat hier über Jahrzehnte horrende Summen in einen Mann gepumpt, der eine zentrale Person der Neonaziszene Sachsen-Anhalts war. Während Demokratieberatungsprojekte und Beratungsnetzwerke gegen Neonazismus jährlich um die Fortsetzung ihrer wichtigen Arbeit bangen müssen, wurde hier öffentliches Geld von einem nicht nachvollziehbar handelnden Geheimdienst verpulvert.


Die Ergebnislosigkeit solcher V-Mann-Einsätze ist offensichtlich, der Verfassungsschutz verhinderte die NSU-Morde nicht und er leistete auch bisher keinen Beitrag zur deren Aufklärung. Stattdessen folgt der Verfassungsschutz ungebrochen dem Grundsatz ›Quellenschutz statt Strafverfolgung‹ und zeigt damit ein weiteres mal eines seiner Konstruktionsprobleme.


Die Landesregierung und der Innenminister im Besonderen sind nach den neuen Erkenntnissen in der Pflicht, ihre auch in der Regierungsbefragung deutlich gemachte Haltung, Kostenakten und Quellakten zu V-Männern, explizit auch zu Thomas R., endlich zu überdenken.


DIE LINKE fordert die Landesregierung dringend auf, ihre Blockadehaltung zu überwinden. Der Innenausschuss des Landtages muss sich mit Fragen der Anwerbung von Corelli für den Landesverfassungsschutz und seiner Führung beschäftigen, um sich ein Bild über Zusammenhänge und Verflechtungen im NSU-Netzwerk machen und das Agieren der Behörden auch in Sachsen-Anhalt einschätzen zu können. Die Einsicht in genau diese Akten, besonders auch die Kostenakten, verweigert der Innenminister bisher mit Verweis auf schutzwürdige Interessen Dritter. Ginge es nach ihm, würde der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages nicht wissen, wie viel Geld an R. geflossen ist. Er hält solche Offenlegungen für ›nicht sachgerecht‹.


Wenn Landesregierung und Koalitionsfraktionen, die in der letzten Sitzung des Innenausschusses keinerlei Bedarf sahen, den Fall Corelli überhaupt zu beraten, ihre bisherige Haltung nicht überdenken und vor allem überwinden und endlich wirklich lückenlose Aufklärungsarbeit leisten, sieht sich DIE LINKE gezwungen weitere Schritte zu gehen, um die notwendige Aufklärung voranzutreiben.«

 
Magdeburg, 24. Februar 2013