Fraktion DIE LINKE: Akzente für eine demokratische, bürgernahe und alternative Justiz setzen

Zu den Aussagen im Koalitionsvertrag von CDU und SPD hinsichtlich künftiger justizpolitischer Ziele erklärt die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Eva von Angern:

„DIE LINKE steht für eine Justiz, die den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl und die Gewissheit gibt, dass der Täter oder die Täterin gerecht verurteilt wurde, und die den Opfern zugleich die Möglichkeit gibt, mit dem Geschehenen umgehen zu können sowie die eigene persönliche Aufarbeitung zu erleichtern.
Straftaten müssen möglichst unverzüglich aufgedeckt und ihre Täter zügig und nachvollziehbar bei Wahrung aller Rechtsmittel und mit dem Ziel der erzieherischen Wirkung der Strafe verurteilt werden. Es bleibt ein Trugschluss, dass härtere Strafen zu weniger Straftaten führen sollen. Auch diesem Irrtum unterliegt die Koalition aus CDU und SPD.

Aus Sicht der LINKEN bedarf es einer Justiz, die personell und sächlich so ausgestattet ist, dass sie in der Lage ist, Strafverfahren in der gebotenen Zeit und Qualität abzuschließen. Es bedarf ferner einer Justiz, die im wahrsten Sinne des Wortes unabhängig ist und die wirksame Strukturen der Selbstverwaltung sowie der demokratischen Mitwirkung und Mitbestimmung der rechtsprechenden Gewalt garantiert.

Die Fraktion DIE LINKE wird deshalb in dieser Legislaturperiode einen Diskussionsprozess zur Ausgestaltung der Selbstverwaltung der Justiz initiieren.
Hier geht es uns vor allem um die Frage der Entwicklung der Richterwahlausschüsse zu wirklichen Entscheidungsorganen mit gestärkten Positionen gegenüber der Exekutive, um die Prüfung eines eigenen Budgetrechts der judikativen Gewalt und um umfangreiche Beteiligungsrechte der durch Wahl legitimierten richterlichen Gremien an Entscheidungen der Gerichtsverwaltungen.

Justiz und Strafvollzug müssen auch künftig einen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung von Kriminalität leisten. Jedoch sind sie nur letztmögliches, sich selbst begrenzendes Mittel mit einer relativen Schutzwirkung für die Menschen. Sie sind kein Ersatz für die soziale Prävention sowie gesellschaftliche und individuelle Hilfe.

Ziel der Fraktion wird es deshalb sein, die Wirksamkeit von Entkriminalisierungs- und Strafverminderungs- bzw. Strafersetzungskonzepten zu prüfen. Wir wollen juristische Reaktionen mit gesellschaftlicher Konfliktschlichtung und -entscheidung koppeln, Täter-Opfer-Ausgleiche erweitern und die Stellung der Opfer verbessern - und das alles im Sinne des Kernsatzes der modernen Strafrechtsschule von Franz von Liszt, der besagt: „Die beste Kriminalpolitik ist und bleibt eine gute Sozialpolitik.“

Magdeburg, 20. April 2011