Fall Oury Jalloh: Dass Sonderberater nicht arbeiten, bleibt problematisch

Henriette Quade, Eva von Angern

Heute führte die Initiative Oury Jalloh und die von ihr ins Leben gerufene Unabhängige Internationale Untersuchungskommission eine Pressekonferenz in Berlin durch, bei der sie betonte, dass im Fall Oury Jalloh von einem Komplex auszugehen ist und auch die Todesfälle Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann beleuchtet wurden. Dazu erklären die innenpolitische Sprecherin Henriette Quade und die rechtspolitische Sprecherin Eva von Angern:

Heute führte die Initiative Oury Jalloh und die von ihr ins Leben gerufene Unabhängige Internationale Untersuchungskommission eine Pressekonferenz in Berlin durch, bei der sie betonte, dass im Fall Oury Jalloh von einem Komplex auszugehen ist und auch die Todesfälle Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann beleuchtet wurden. Dazu erklären die innenpolitische Sprecherin Henriette Quade und die rechtspolitische Sprecherin Eva von Angern:

»Immer wieder wurden in den letzten Wochen Fragen an uns herangetragen, was es Neues Im Fall Oury Jalloh gebe. Die Antwort musste stets die Gleiche bleiben: Nichts. 

Es gibt nichts Neues, weil nach wie vor der Generalstaatsanwalt die Entscheidungen der Staatsanwaltschaften Halle und Dessau prüft und ob die Einstellung des Verfahrens gerechtfertigt war. An das Ende der Prüfungen durch die Generalstaatsanwaltschaft ist auch gebunden, dass Sonderermittler tätig werden. Erst wenn die Prüfungen abgeschlossen sind und nur wenn die Einstellung bestätigt wird, nehmen diese ihre Arbeit überhaupt auf.

Das ist ein Konstruktionsfehler des von der Regierungskoalition gewählten Verfahrens. Denn zum einen ist erneut über ein halbes Jahr vergangen, in dem faktisch nichts jenseits der Arbeit der Generalstaatsanwaltschaft passiert ist. Das erzeugt angesichts der langen Geschichte des Falles und angesichts der neuerlichen Verzögerungen berechtigte Zweifel, dass dieses Verfahren geeignet ist, tatsächlich für umfassende Aufklärung zu sorgen. Wieder entsteht der Eindruck der Verzögerung. 

Zum anderen wäre auch im Fall eines neuen Verfahrens im Fall Oury Jalloh eine umfassende Untersuchung sämtlicher damit in Verbindung stehender Vorgänge notwendig, um nicht nur juristische, sondern auch politische Aufklärung endlich möglich zu machen. Denn selbstverständlich ist es eine über das konkrete Verfahren hinausweisende Frage, wie es zum Tod Oury Jallohs kommen konnte und vor allem, wieso Aufklärung darüber über 13 Jahre nicht möglich und teilweise nicht gewollt war. Wieso offenkundige offene Fragen über Jahre hinweg nur eine Minderheit interessierten, welche Rolle institutioneller Rassismus dabei spielte und wie die Todesfälle im Revier Dessau zusammenhängen. 

Diese Fragen werden die Sonderbeauftragten nicht beantworten können, weil es schlicht nicht ihr Auftrag ist. Dass wieder eine Situation entstanden ist, in der der Eindruck entsteht, Politik habe keine Interesse, diese Fragen zu klären, ist hochproblematisch. Damit wird erneut Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert. Dieser Eindruck hängt auch mit der Tatsache zusammen, dass seit Monaten die Mitteilung der Ergebnisse der Generalstaatsanwaltschaft verschoben wird. Ursprünglich lautete die Ankündigung, nach Ostern Ergebnisse mitteilen zu wollen. Mittlerweile scheint fraglich, ob noch in diesem Jahr damit zu rechnen ist. Dass laut Erklärung der Nebenklageanwältinnen ihre Anträge fortgesetzt ignoriert werden, bleibt nicht nachvollziehbar. 

Daher ist die Arbeit der Initiative nicht hoch genug zu würdigen. Sie sind es, die den Fall permanent ins öffentliche Bewusstsein rufen und der Dimension des Falles durch die Initiierung der internationalen Kommission gerecht zu werden versuchen. Wie aktuell notwendig das ist, zeigen die erschreckenden Parallelen zum Fall des in Kleve in einer Polizeizelle verbrannten unschuldig inhaftierten Syrers. 

Die umfassende Aufklärung des Falls Oury Jalloh auch und gerade im politischen Sinne ist dringend notwendig - nicht nur um den Fall aufarbeiten zu können, sondern auch um Schlussfolgerungen für polizeiliche und juristische Praxis in Zukunft ziehen zu können. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass dies nur durch einen Untersuchungsausschuss begonnen werden kann.«