Bleibeperspektiven und Teilhabemöglichkeiten für Flüchtlinge sind gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Zur aktuellen Debatte um Flüchtlingsunterbringung in Sachsen-Anhalt erklärt die Innenpolitikerin der Fraktion Eva von Angern:

 

Zur aktuellen Debatte um Flüchtlingsunterbringung in Sachsen-Anhalt erklärt die Innenpolitikerin der Fraktion Eva von Angern:

„Der Aktionismus von Innenminister Holger Stahlknecht kann nicht über die fehlerhafte Politik der Landesregierung im Hinblick auf steigende Flüchtlingszahlen hinwegtäuschen. Aktuell wird ein Krisenszenario entworfen, das Ergebnis eines beständigen Ressourcenabbaus sowie konzeptlosen Agierens der Landesregierung ist und immer stärker auf dem Rücken von Flüchtlingen ausgetragen wird. DIE LINKE lehnt weiterhin die massiv durch die CDU betriebene Unterteilung in nützliche und integrierbare Flüchtlinge auf der einen Seite und der auf der anderen Seite inszenierten Drohkulisse durch schnellere Abschiebungen aller anderen Menschen ab. Jedem Flüchtling muss mit Solidarität, Respekt und einer Bleibeperspektive begegnet werden, anstatt mit einem ordnungs- und sicherheitspolitischen Diskurs gesellschaftlich vorhandene Ressentiments weiter zu schüren. Die mittlerweile fast täglichen An- und Übergriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte sind ein alarmierender Ausdruck dieser Entwicklung. 

Die LINKE fordert die Landesregierung nicht nur auf, alles zu tun, um die humanitäre Situation der Flüchtlinge kurzfristig zu verbessern, sondern hält am Konzept nachhaltiger und kontrollierbarer Standards im Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden fest. Die versäumte Errichtung einer zweiten Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge ist zwingend noch in diesem Jahr zu gewährleisten. Darüber hinaus muss der hohe Wohnungsleerstand in Sachsen-Anhalt im Konzept der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen Berücksichtigung finden. Das dringend notwendige Anlegen von Qualitätskriterien und verbindlichen Mindeststandards wurde von der Landesregierung aber bisher immer wieder als nicht nötig und teilweise auch nicht möglich betrachtet. Es bedarf einer anderen gesetzgeberischen Herangehensweise, vor allem aber des politischen Willens zur dezentralen Unterbringung als Regelunterbringung und zur Verbesserung der Lebenssituation von Geflüchteten, die auf Teilhabe statt auf Ausschluss zielt. 

Ebenso müssen sich die Kommunen im Land auch perspektivisch auf die Bereitstellung finanzieller Mittel verlassen können. Hierzu zählt die Erstattung von entstehenden Kosten nicht nur für Unterkunft und Lebensunterhalt sondern auch für eine dauerhafte professionelle Umsetzung des Integrationsprozesses sowie die materielle Unterstützung von ehrenamtlichen Strukturen, die diesen zurzeit maßgeblich mitgestalten. Eine Landespauschale, die immer noch unterhalb der im Land ermittelten Kosten liegt, ist unakzeptabel. 

Um letztlich eine Bleibeperspektive zu entwickeln, bedarf es auch der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dazu gehört neben der dezentralen Unterbringung insbesondere die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu erlernen, psychosozial und gesundheitlich versorgt zu werden wie jeder andere auch und die Möglichkeit, den eigenen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Dies zu gewährleisten setzt die Bereitstellung von ausreichendem Personal zur Integration in den Schul- und Kitaalltag durch zusätzliche Lehrkräfte und SchulsozialarbeiterInnen sowie ErzieherInnen zwingend voraus. Entsprechende zusätzliche Initiativen des Landes sollten sich ebenso in der Berufs- und Erwachsenenbildung sowie in den Möglichkeiten der Teilhabe am Arbeitsmarkt widerspiegeln. 

Teilhabemöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dieser muss und will sich DIE LINKE stellen. Es gibt in Sachsen-Anhalt viel Bewegung in der Zusammenarbeit mit Flüchtlingen. Neue Projekte sind entstanden, bestehende vernetzen sich und werden mehr Menschen zugänglich. Hieran gilt es anzuknüpfen.“ 

 

Magdeburg, 28. Juli 2015