„Immer höher- schneller- weiter- (k)eine Grenze für die Ressource Mensch?“

Irene Lindenberg

so lautete das Thema der Rosa- Luxemburg- Stiftung am 3. September 2016 in Magdeburg.

so lautete das Thema der Rosa- Luxemburg- Stiftung am 3. September 2016 in Magdeburg.

„Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums, sagen die politischen Ökonomen. Sie ist dies- neben der Natur, die ihr den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. Aber sie ist noch unendlich mehr als dies. Sie ist die erste Grundlage alles menschlichen Lebens, und zwar in einem solchen Grade, daß wir in gewissem Sinne sagen müssen: Sie hat den Menschen selbst geschaffen.“                        

                  Friedrich Engels, aus „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“

Als nähere Erläuterung stand dabei: „Die negativen Folgen neoliberaler Strukturierung von Arbeit sind Entsolidarisierung in den Belegschaften, Vereinzelung, Angst um die eigene Position im Betrieb und um den Arbeitsplatz, überlange Arbeitszeiten, Entgrenzung von Arbeit und Leben, Stress, gesundheitliche Folgen sowohl psychischer als auch physischer Natur. Wie aber können Beschäftigte, Gewerkschafter_innen und Betriebsräte dem etwas entgegensetzen? Kann es uns gelingen, eine Grenze für die „Nutzung der Ressource Mensch“ zu setzen?“

Das Thema interessierte mich sofort, obwohl (oder weil?) ich bereits seit 13 Jahren diesem Arbeitsmarkt entronnen bin. Schließlich gibt es im Familien- und Freundeskreis Jüngere,  an denen wir die Auswirkungen dieser Neoliberalisierung des Arbeitsmarktes  deutlich erkennen können.

Als Referenten wurden Margareta Steinrücke von Attac AG ArbeitFairTeilen und als Arbeitsmediziner Prof. Peter Rudolph von der Hochschule Magdeburg- Stendal gewonnen.

Während Margareta Steinrücke am Ende des Arbeitsmaterials  „Schluss mit prekärer Arbeit- ARBEIT  FAIR TEILEN- jetzt!“ bereits „Arbeitszeitverkürzung als Richtschnur“  einfordert, ergänzte Prof. Rudolph diese Forderung aus gesundheitlicher Sicht.

Seine Auffassung, dass Gesundheit mehr ist als Abwesenheit von Krankheit, untermauerte er mit dem Begriff des Wohlbefindens, eben auch am Arbeitsplatz und nannte dazu drei mich erschreckende Zahlen: 15 % der Arbeitenden gehen motiviert zur Arbeit und identifizieren sich mit ihr, 15 % haben bereits innerlich gekündigt und die restlichen 70 % machen Dienst nach Vorschrift.  Im Durchschnitt sind Beschäftigte der beiden letztgenannten Gruppen drei Tage länger krank bei insgesamt wachsendem Krankenstand, der bei zunehmender  Verdichtung des Arbeitsprozesses  bei längeren Arbeitszeiten nicht weiter verwundert.  Interessant ist, dass nun die Krankenkassen Alarm schlagen, diesem Trend entgegenzusteuern.

Da es in den letzten 30 Jahren eine gigantische Technologieentwicklung gab, wird es nun Zeit, im sozialen und gesundheitlichen Bereich nachzuziehen. Unternehmen müssen also weg (gebracht werden) von immer höherer Renditeerwartung mit den bekannten Folgen von Personalabbau und dem Ausbau der ständigen Erreichbarkeit des Mitarbeiters (Betrifft zurzeit bereits 50%).

Leider kamen wir nicht mehr dazu, den Begriff Arbeit zu definieren; denn außer Erwerbsarbeit gibt es ja beispielsweise auch die in der Familie oder im Ehrenamt.

Da wir uns soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben haben, sollten uns Thesen wie die erste im oben erwähnten Papier „Arbeit fair teilen“ solidarisieren : „ Arbeitszeitverkürzung gehört wieder auf die Tagesordnung. Anders sind große gesellschaftliche Probleme wie Massen- arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung nicht zu lösen. Wir brauchen einen neuen Arbeitszeitstandard von etwa 30 Stunden pro Woche. Diese „kurze Vollzeit“ ist nicht statisch, sondern nach persönlichen und beruflichen Situationen variierbar (Erziehungszeiten, Projektarbeit, Weiterbildung etc.), muss aber im Durchschnitt pro Jahr erreicht werden.“  

Weiterführendes Interesse wird sicher im Internet unter „Manifest zur Überwindung  der Mas- senarbeitslosigkeit“ (Bontrup/ Massarat) oder unter ABC der Arbeitszeitverkürzung gestillt.

Vielleicht wäre es auch einmal ein Thema für eine unserer Mitgliederversammlungen?

Irene Lindenberg

Naumburg, den 4. September 2016