Beschlüsse der 2. Tagung des 6. Landesparteitages am 20. Mai 2017

Offensiv für das Soziale - Soziale Politik statt sozialer Rhetorik

Beschluss der 2. Tagung des 6. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt am 20. Mai 2017 in Halle (Saale)

Soziale Rhetorik oder konkretes Handeln? Stimmungsmache gegen wenige oder Problemlösungen für viele? Kanzlertausch oder Politikwechsel? DIE LINKE in Sachsen-Anhalt kämpft für den Kurswechsel hin zu sozialer, humaner und friedlicher Politik. Wir machen keinen Ankündigungswahlkampf, wir sind verlässlich seit Jahrzehnten an der Seite der Lohnabhängigen, der Normalverdiener, der Ausgegrenzten. Wir stehen kompetent und glaubwürdig für Solidarität, Sicherheit durch Zusammenhalt sowie eine friedliche Außenpolitik. Dass die herrschende Politik die Interessen von Mehrheiten wieder in den Blick nimmt, ohne Minderheiten und Benachteiligte zu Sündenböcken zu machen, dass die Situation von abhängig Beschäftigten nicht mehr zweitrangig gegenüber der von Reichen und Superreichen ist, dafür steht DIE LINKE bereit.

Seit über 15 Jahren erleben wir ein Kaputtsparen der öffentlichen Haushalte und eine Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Das neoliberale Mantra „Der Markt soll es richten“ bedeutet Rückzug des Staates, die Verlagerung von sozialer Absicherung ins Private und gleichzeitig Flexibilisierung der Finanzmärkte sowie Steuerentlastungen für das Kapital. Mit Einführung der Hartz-Gesetze hat sich das Land verändert: Verarmung von Erwerbslosen, Schaffung einer Zweiklassenmedizin, Absenkung der Rente, Ausweitung des Niedriglohnsektors aufgrund des Zwangs, fast jede Arbeit annehmen zu müssen.

DIE LINKE sagt: So kann es daher nicht weitergehen. Das Zurückfahren von sozialen und infrastrukturellen Maßnahmen, die für einen gewissen Ausgleich und eine Angleichung der Lebensverhältnisse stehen, hat wenige Gewinner und viele neue Verlierer produziert. Statt Ausgabenkürzung und Marktdominanz brauchen wir eine Politik für die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse, für die Perspektive auf sozialen Aufstieg für alle und für den Erhalt sowie den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge. Weil das wirtschaftlich, aber vor allem sozial notwendig und vernünftig ist. Der Neoliberalismus ist gescheitert. Weil sich eben nur Reiche einen armen Sozialstaat und eine schwache öffentliche Infrastruktur leisten können.

 

Politik für den Osten

DIE LINKE setzt mit ihrer Kritik dort an, wo an den Interessen der Mehrheiten vorbei regiert wird, wir fordern eine Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die Planbarkeit und Selbstbestimmung gewährleisten kann, die sozialen Aufstieg ermöglicht und Abstieg verhindert, die Würde im Alter und bei Krankheit schützt. Eine Steuerpolitik, die von den Superreichen mehr für das Gemeinwohl aller nimmt. DIE LINKE will, dass von dieser Politik mehr bei den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen-Anhalt ankommt. Politik der LINKEN heißt immer auch Politik für den Osten. Für die Anerkennung von Lebensleistung, für die Beendigung von Lohn- und Rentenungerechtigkeit, für den Erhalt öffentlicher Daseinsvorsorge, auch im ländlichen Raum, für öffentlich geförderte Beschäftigung, für die Verhinderung von Armut und Verarmung im Alter, für ein Sicherheitsnetz bei struktureller Erwerbslosigkeit. Die Schwerpunkte der LINKEN betreffen die Lebenssituation hier in besonderem Maß.

In Sachsen-Anhalt zeigen sich die Konsequenzen neoliberaler Kahlschlagspolitik wie in einem Brennglas. Die rote Laterne ist kein Schlechtreden des Landes, sie ist real und rahmt den Alltag der hier Lebenden. Die schlechten Kennziffern, die Abwanderung oder das niedrige Einkommen sehr vieler, der Abbau zulasten von Bildung, Kultur und Sozialausgaben gehören ebenso zum Land wie der Pragmatismus derer, die hier engagiert, mutig und kreativ sind. Ebenso wie die Neugier und der Innovationsgeist derer, die hier lehren, lernen, forschen und neu gründen. Ebenso, wie die Schönheit von Kulturlandschaft und unserem historischen Erbe. Ebenso, wie die Zuversicht derer, die hier für sich und ihre Kinder den Lebensmittelpunkt gewählt haben oder diesen erst nach Flucht und Vertreibung finden wollen.

 

Gute Arbeit für ein gutes Leben

Fast ein Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen-Anhalt erhält nur den Mindestlohn. Das bedeutet Armut trotz Arbeit. Unsere Forderung nach würdiger Bezahlung und sinnstiftender Arbeit ist kein Randthema im Bundesland, im Gegenteil, es betrifft die Lebenswirklichkeit von ca. 285 000 Menschen und deren Familien. Dabei ist Teilzeitarbeit rasant gestiegen, Arbeit in Vollzeit nimmt dagegen ab. Auch das bedeutet weniger Einkommen, vor allem für Frauen und Geringqualifizierte. 

Wir wollen endlich brechen mit 15 Jahren neoliberaler Arbeitsmarktpolitik und den Hartz-Gesetzen. Die Akzeptanz des Mindestlohnes war ein Erfolg der LINKEN. Doch der Mindestlohn darf kein Standard werden, sondern er ist ein gesetzliches Mindestmaß. Der Stundenlohn muss auf 12 Euro erhöht werden, wenn er wirklich vor Armut schützen soll. Bei branchenspezifischen Mindestlöhnen muss endlich die Schlechterstellung des Ostens enden. Wir wollen Schluss machen mit dem Missbrauch von Befristungen und mit dauerhafter Leiharbeit.

 

Kein Cent mehr für Niedriglohnarbeit

Sachsen-Anhalt muss für alle attraktiver werden. Um hier gut leben und arbeiten zu können, braucht es Löhne und Gehälter, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Fachkräfte können wir nur in Sachsen-Anhalt halten, wenn diese gute Bedingungen auch für ihre Familien und Kinder vorfinden.

Um dem Wettbewerbsföderalismus entgegenzutreten, brauchen wir bundesweit einheitlich schärfere Regeln der Wirtschaftsförderung. Wir fordern den Ausbau einer aktiven Wirtschaftsförderung für gute Arbeit. Das heißt: Kein Cent mehr für Niedriglohnarbeit! Stattdessen wollen wir gute Arbeit fördern: Durch Kopplung der Wirtschaftsförderung an auskömmliche Einkommen, Tarifbindung, Mitbestimmung im Betrieb, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie umweltbezogene Standards.

Gute Arbeit bedeutet zunehmend auch die Gewährleistung von Arbeitsschutzrechten und Mitbestimmung in Zeiten neuer digitaler Arbeitsformen und Rahmenbedingungen.

 

Wir werden Armut nicht hinnehmen 

Lange Erwerbslosigkeit, kleine Löhne – für viele Menschen ist Altersarmut bereits bittere Realität, doch besonders im Osten droht die Zahl der Betroffenen weiter anzusteigen. In Sachsen-Anhalt gelten über 20 Prozent der 50- bis 64-Jährigen als armutsgefährdet und bereits über 14 Prozent der über 65-Jährigen. Die Rentenpolitik der Großen Koalition hat generell fatale Konsequenzen, nach einem langen Arbeitsleben drohen Altersarmut und Ausgrenzung für immer mehr Menschen. Fast die Hälfte aller Rentnerinnen und Rentner werden künftig mit einer Armutsrente abgespeist. Die Heraufsetzung der Altersgrenze ist nichts anderes als ein riesiges Rentenkürzungsprogramm. Wir meinen: Jeder muss von seiner Arbeit im Alter auch in Würde leben können. Das Rentenkonzept der LINKEN ist durchfinanziert und macht Schluss mit Armutsrenten. Wir brauchen eine Rentenversicherung, in die alle einzahlen. Das ist für alle sozial gerecht. Das Rentenniveau von 53 Prozent muss sofort wieder hergestellt werden. Statt Niedrigrenten braucht es eine solidarische Mindestrente in Höhe von 1 050 Euro. 

Mit über 20 Prozent Armutsquote ist Sachsen-Anhalt überdurchschnittlich von Armut betroffen. Für Kinder ist die Armutsgefährdung in Sachsen-Anhalt besonders hoch: 2015 lebten 72 000 von staatlicher Grundsicherung, das entspricht rund 24 Prozent. Besonders betroffen sind dabei Alleinerziehende oder Familien mit mehr als zwei Kindern. In den größeren Städten Halle (Saale), Magdeburg und Dessau-Roßlau ist die Armutsgefährdung von Kindern besonders hoch. 

DIE LINKE hat im Dezember 2016 ein bundesweites Netzwerk gegen Kinderarmut gegründet und ist auch in Sachsen-Anhalt dazu aktiv geworden. Sachsen-Anhalt soll ein kinderfreundliches Land sein. DIE  LINKE setzt sich für die diskriminierungsfreie Förderung aller Kinder ein. Deshalb werden wir die Kostenfreiheit für Kindertagesstätten umsetzen. Die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung halten wir für ebenso notwendig, wie Investitionen in Einrichtungen des Kinder- und Jugendschutzes. Armut und ihre Auswirkungen auf Kinder sind ein Skandal, mit dem wir uns nicht abfinden werden. 

 

Soziale Gerechtigkeit beginnt beim Zugang zu Bildung

Bildung bleibt ein wichtiger Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben und die Chance auf qualifizierte Arbeit. Die Abstiegssorgen vieler Menschen sind oft  viel mehr Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder. Die Kostenfreiheit von Bildung und Studium ist auch deshalb für DIE LINKE ein Grundpfeiler für eine solidarische und freie Gesellschaft. Für Familien, gerade im ländlichen Raum, ist eine sichere und kostenfreie Schülerbeförderung eine wichtige, auch finanzielle Frage. Kosten für Lernmaterialen, Schülertickets und Klassenfahrten führen für die meisten Familien zu erheblichen Belastungen. Kinder aus einkommensschwachen Haushalten werden zudem besonders benachteiligt. 

DIE LINKE sagt, soziale Gerechtigkeit beginnt bei der Bildung. Diese Gesellschaft braucht ein generelles Ja zu Kindern. Eine gute Bildung für alle, die unabhängig von der Herkunft zugänglich ist, gehört dazu.

 

Umverteilung für mehr Gemeinwohl 

Der Reichtum dieses Landes konzentriert sich nicht im Osten Deutschlands. Im Gegenteil: Sachsen-Anhalt gehört mit einem Anteil von fast 13 Prozent an privaten Verschuldungen zu den drei am stärksten betroffenen Bundesländern. Negative Spitzenreiter sind dabei die beiden großen Städte Halle (Saale) und Magdeburg. 

Wo Perspektiven fehlen, sind auch Sicherheit und Solidarität in Gefahr. Strukturschwache Länder brauchen kein Kaputtsparen, sondern eine exzellente öffentliche Infrastruktur. Nur so steigen die Chancen, durch Bildung selbstbestimmt und selbstbewusst wachsen zu können. Nur so kann Mobilität auch für Familien und Ältere gesichert werden, die kein Auto wollen oder die sich keines leisten können. Nur so entwickeln sich Kunst und Kultur vom Privileg zum Angebot für alle.

Wir fordern eine Infrastrukturoffensive, weil die unterlassenen Investitionen heute eine höhere Verschuldung in der Zukunft bedeuten. Öffentliche Infrastruktur muss finanziert werden, sie kommt allen zugute. Das Steuerkonzept der LINKEN zur Einkommenssteuer würde für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen: Niedrige und mittlere Einkommen wollen wir bei den Abgaben entlasten. Hohe Einkommen müssen stärker besteuert werden. 

Wer mehr als 260 000 Euro zu versteuerndes Einkommen kassiert, kann für das, was er darüber hinaus noch erhält, auch mehr für das Gemeinwohl tun. Und für jeden Euro ab der ersten Million sind 75 Prozent Steuern mehr als gerecht. Ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent würde nach unserem Modell künftig ab einem zu versteuernden Einkommen von 75 000 Euro gelten. 

Unser Steuerkonzept würde für viele Haushalte eine deutliche Entlastung bedeuten.

 

Glaubwürdigkeit und Demokratie 

Wir kämpfen am 24. September um ein starkes Ergebnis für DIE LINKE im Bund und in Sachsen-Anhalt. Unser Zweistimmenergebnis bestimmt die Stärke der Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Wir wollen dafür weit mehr Wählerinnen und Wähler mobilisieren als es uns bei der Landtagswahl gelungen ist und Vertrauen zurückgewinnen. Wir streben an, wieder deutlich über 20 Prozent der Zweitstimmen zu erreichen. 

DIE LINKE kämpft für ein soziales Land und eine solidarische und friedliche Europa- und Außenpolitik. Wir wollen eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, um den Ursachen von Kriegen, Armut, Flucht und Vertreibung entgegenzuwirken. Wir sind Stimme der Solidarität, wir stehen zusammen gegen Ausgrenzung und Hass. Wir sind die Stimme des Ostens gegen die Kaltschnäuzigkeit des neoliberalen Sozialabbaus. Wir tun dies entschlossen, in Oppositions- oder in Regierungsverantwortung – wenn diese mehr Gerechtigkeit für große Mehrheiten in der Bevölkerung bringt, statt bloß die Führung im Bundeskanzleramt auszutauschen. Für ein Weiter so oder nur für kosmetische Veränderungen stehen wir nicht zur Verfügung – für eine soziale, friedliche und demokratische Offensive sind wir bereit.